Heinz Neumann

Im ganz persönlichen Porträt: Privat ist der heimische Architekt Heinz Neumann Großwildjäger, Wein-Kenner, Elektronik-Muffel und Gesellschafts-Kritiker - und ein sympathisches Wiener Original.

Ein heiterer, lebhafter und leichtsinniger Mensch ist er, ein Sanguiniker - So sieht sich der heimische Star-Architekt Heinz Neumann selbst und nimmt einen Schluck Veltliner: "Da gibt’s ein wunderbares Beispiel: Drei Männer gehen auf eine geschlossene Türe eines Zaunes zu. Der Melancholiker bleibt stehen und ist traurig, dass die Tür geschlossen ist, der Choleriker geht hin, wird wütend und tritt die Türe ein. Der Sanguiniker nimmt einen leichten Anlauf und springt drüber. Ich sage: Barrieren sind dazu da, dass man beflügelt wird und diese Barrieren nimmt."
Neumann erzählt auch einen Witz. Der wird weggelassen. Nicht, weil er nicht gut wäre. Nicht, weil er nicht zu Neumann passen würde. Nicht, weil er vulgär ist. Nein, er muss ihn selbst erzählen. Neumann ist irgendwie ein Wiener Original – mit allem was dazu gehört.

Neumann und das Abenteuer

Eigentlich wollte der mehrfach ausgezeichnete Planer von "Wien Mitte", "Euro Plaza", des "Uniqa Towers" und vielem anderen etwas ganz anderes werden. In Venezuela nach Öl bohren, Testpilot oder Großwildjäger. Es kam natürlich anders: "Da ich in einer sehr architekturschwangeren Umgebung aufgewachsen bin. In einem Haus von Roland Rainer, der mit meinem Vater in die Schule gegangen ist. Und bei uns viele Architekten verkehrt haben." Bereut hat er seine Berufswahl nie. Wohl weil er nebenbei zumindest zwei seiner Bubenträume verwirklichen konnte. Auch ohne südamerikanisches Öl kann der Architekt auf eine Private Pilot License verweisen und hat tatsächlich etliches Großwild erlegt. Mit dem Gewehr, nicht der Kamera. Im Schnee Alaskas etwa: "Null Grad, Zelt, wochenlang, der Dinge harrend. "Glasing" heißt das: Da sitzt man oben auf einem Baumwipfel mit dem Fernglasl und schaut, ob irgendwo ein Bär umadum rennt." Der Jäger zeigt uns euphorisch seine Trophäen, auf Foto gebannt: Krokodile, Elefanten, Büffel. Es ginge ihm um das Ursprüngliche: "Das Anschleichen, das Wild finden, sich dem Wild stellen und das Wild erlegen." Wird nichts geschossen, gibt’s nichts zu Essen. Tagelang. Back to the Roots? Ja, das könne er sich ebenso gut vorstellen wie sein jetziges Leben.

Kein Denkmal für Neumann

Stolz ist Neumann aber auf etwas anderes: "Wenn ein Bauherr mit einem Haus zufrieden ist. Da ich kein Selbstdarsteller bin, sondern ein Dienstleister, freue ich mich darüber am meisten." Aber, was ist mit der Geschichte, mit bedeutsamer, architektonischer Hinterlassenschaft? Ist das nicht die eigentliche Triebfeder großer Architekten? "Die Architektur soll benutzbar sein. Ich setze mir kein Denkmal. Ich glaube nicht, dass jemand dann hier vorbeigeht und sagt: Das hat der Neumann gebaut. Außerdem ist es vollkommen uninteressant. Der, der hier drinnen ist soll zufrieden sein."

Sport: Mit dem Rad zum Heurigen

Trotz fortgeschrittenen Alters (der Redaktion bekannt) und stattlicher Statur ist Neumann fit wie ein Turnschuh, betreibt viel Sport. Sagt er zumindest. Kniebeugen, Schranz-Hocken, Hanteln – schon zeitig in der Früh sei bei ihm Bewegung angesagt. Täglich. Und viel Radfahren: Den Kahlenberg hinauf und hinunter, bis zur Klosterneuburger Agnesstraße. Eine gefährliche Strecke: "Weil es da viele Heurigen gibt. Die haben das ja sehr schlau organisiert: Einer hat immer offen."

Tempo und die großen Lieben

Was macht Neumann sonst noch zu Neumann? Er wohnt in Grinzing. Steht auf schnelle Bikes und Autos, fährt Kawasaki, Harley, Land Rover, Mercedes, Porsche. Ist er eigentlich verheiratet? "Immer wieder. Ich glaube immer wieder an die große Liebe", versichert der Architekt mit einem Augenzwinkern. Aber er meint es sichtlich ernst. Eine Tochter (39) ist einer der drei ganz Großen entsprungen. Und auch hier vertritt Neumann eine durchaus verbreitete, wenn auch von anderen selten ausgesprochene Ansicht: "Familie ist eine sehr schöne Sache, aber man soll sie in kleinen Dosen genießen.“ Die längste und aktuelle Beziehung dauert nun aber schon über 20 Jahre an.

Der Elektronik-Muffel

Ähnlich lange verweigert Neumann inzwischen jede Form von moderner Elektronik. Unglaublich, aber wahr: Er benutzt weder PC, noch Handy. Facebook? Was ist das? Geht das als Planer überhaupt, ohne jede Elektronik? "Ich zeichne mit der Hand", macht Neumann kein großes Geheimnis aus seinem Desinteresse an Elektronikkram. Obwohl, für Computer hätte er ein geeignetes Einsatzgebiet, als Ersatz für Politiker: "Die rechnen vollkommen wertneutral, stellen nicht idiotische Thesen auf und setzen nichts durch nur um wiedergewählt zu werden."
Elektronik bedeutet aber in erster Linie das: "47 Fernsehkanäle zu haben, vertrottelt mehr, als wenn man nur zwei hat. Navigationsgerät? Das heißt, die Vertrottelung der Menschheit ist schon sehr weit gediehen." Er hat auch leicht reden, er hat seine Sekretärin. Die druckt jedes relevante Mail aus, legt alle Unterlagen geordnet auf seinen Schreibtisch. Termine werden nicht in Outlook, sondern in einen "hundsnormalen" Kalender eingetragen.

Die neue Welt

Auch als Unternehmer würde Neumann gerne auf Computer verzichten, wenn es denn ginge: "Dann wären wahrscheinlich mehr Mitarbeiter hier. Es wäre eine soziale Tat. Computerbauer, die den Gewinn schneiden, sind eigentlich amoralische Menschen." Und außerdem, als Architekt: "Der Computer verändert die Ästhetik der Bauvorhaben, weil anders gezeichnet wird - durch die Möglichkeit des Computers."

Aber zurück zu den Grinzinger und Nußberger Weingärten und dem Rebensaft. Neumann ist auch Winzer. 17 Hektar bewirtschaftet das "Weingut Hajszan Neumann". Rund 50.000 Flaschen pro Jahr, da bleibt auch etwas für den Verkauf. Für den Architekten zwei Fliegen mit einer Klappe: Geschäft und Leidenschaft. Das gilt auch für die Architektur. (Helmut Melzer)

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Datum: 31.01.2013

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