Holzbau and the city: Mit Aufklärung aus der Nische
Der urbane Wohnbau zeichnet sich hierzulande durch den weitgehenden Verzicht auf den Baustoff Holz aus. Damit soll Schluss sein, sagen zwei Insider, die Akteure wie Geldgeber in ihr Boot holen wollen. Potenzielle Käufer zeigen sich weniger scheu, wie eine Umfrage bestätigt.
Mehrgeschoßiger Wohnbau aus Holz? In skandinavischen Stdäten eher schon Alltag als Aufreger. Was in Oslo, Stockholm und andernorts errichtet wird, ist nicht nur nachhaltiger, sondern wirft auch sichere Rendite ab, sagt Architektin Regina Lettner von Baukult ZT, die den Immobilienentwicklern empfiehlt ihre Standpunkte zu überdenken.
Das Preisargument wie auch Einwände wegen der Brandschutzbestimmungen seien ihrer Erfahrung nach "leider noch vorherrschend", aber leicht zu entkräften. Systemholzbau in der Stadt sei erwiesenermaßen sicherer in der Finanzierung. Fertig geplant könne die Bauzeit auf ein Minimum reduziert werden – ohne zusätzliche Überraschungen auf der Baustelle. Auch das heiße Eisen Brandschutz sei längst abgekühlt. Die Industrie habe hier ganze Arbeit geleistet. Einwände der Behörden? Längst Schnee von gestern, wie sie betont. Sie ist sich sicher: „Holz ist reif für den Masseneinsatz – auch in der Stadt.“ Denn: Vorzeigeprojekte, die dem Höhenrausch huldigten, wären hier zu wenig.
Untersuchung unter Wohnungskäufern
Ein weiteres Argument der Skeptiker – nämlich jenes nach der fehlenden Kundschaft – hat Lechner beim gestrigen Presseevent, zudem baukult gemeinsam mit Bau.Genial eingeladen hatte, entkräftet. Grundlage ihrer Beweisführung: Eine repräsentative Umfrage, die sie mit Unterstützung von Hasslinger-Consulting und dem Institut meinungsraum.at im letzten Herbst unter Eigentumswohnungssuchenden durchführen ließ.
Das Ergebnis ist laut Lettner eindeutig: „Aus den 307 Online-Interviews geht klar hervor, dass es die Nachfrage gibt! Wenn man sich in Wien umschaut, sieht man aber, dass diese nicht befriedigt wird, denn es fehlen entsprechende Objekte.“
Wonach wird am Markt gesucht?
Laut Analyse sind die wichtigsten Kriterien für die Wohnungswahl der Kaufpreise und Betriebskosten pro Quadratmeter, Infrastruktur und Art der Heizung, gefolgt von Lage, Balkon/Terrasse, Garage und Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Das Zukunftsthema e-Mobilität spielt noch keine Rolle, es ist erst für 15 Prozent sehr wichtig oder wichtig.
70 Prozent achten laut Untersuchung bewusst auf Bauweise und Material. Hier liegt Ziegel vor Holz und Beton. Holz punktet vor allem mit subjektiven, emotionalen Argumenten. Am häufigsten genannt werden ‚Natürlich‘, ‚Angenehme Atmosphäre, riecht gut, fühlt sich gut an‘, ‚Nachwachsender Rohstoff‘, Schafft gutes Raumklima, feuchtigkeitsregulierend‘, Warme Oberfläche, behaglich‘, wobei die Zustimmung bei holzaffinen Personen deutlich größer ist. Lettners Befund: „Die positiven Eigenschaften sind bekannt beziehungsweise treffen für die Käufer und Interessenten definitiv zu – der Kunde ist bereit. Doch seitens der Immobilienwirtschaft würden weiter Themen wie Brandschutz, Schallschutz oder weniger Nutzfläche vorgeschoben."
Ebenfalls aufschlussreich: Für Wohnung aus Holzfertigteilen würden 64 Prozent der Befragten gleich viel zahlen wie für eine Wohnung auf Basis von Betonfertigteilen. 24 Prozent lehnten einen höheren Preis ab. Immerhin 12 Prozent würden sogar was drauflegen: im Schnitt rund 15 Prozent.
Experten: Grundsätzliches Ja zum Holz. Aber!
Warum trotz steigender Marktnachfrage und technisch ausgefeilter Holzlösungen – einige davon finden sich mittlerweile im Westen des Landes – viele Architekten, Planer und Bauträger dennoch auf Holz verzichten, blieb zuletzt auch für Bau.Genial-Präsident Thomas Grudl nicht nachvollziehbar. Was die Profis hindert, ließ er in einer telefonischen Befragung durch das deutsche Marktforschungsinstitut Zeitfaktor abfragen.
An der grundsätzlichen Wertschätzung mangle es laut den eingeholten Meinungen nicht. So würden das Gros der Befragten die Zukunftsperspektiven des Holzbaus positiv einschätzen. Auch der mehrgeschoßigen Wohnbau sehen 77 Prozent der Befragten im positiven Licht, 72 Prozent meinem sogar, dass die Holzbauweise mit Massivbauweise konkurrieren könne.
Warum aber die Holzbauindustrie bei den Entscheidern noch zu oft auf Granit beißt, erklären Architekten, Bauträger und Co mit mangelndem Wissen. "Noch allzu viele rechnen mit höheren Kosten durch anspruchsvollere Schall- und Brandschutzmaßnahmen", sieht Grudl mit Blick auf die Zahlen hier noch viel Aufklärungsarbeit auf ihn und seine Mitstreiter zukommen.