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Porträt Herbert Ludl: Vom Schlosser an die Wohnbau-Spitze

Als Vorstandsvorsitzender der Sozialbau AG ist Herbert Ludl Herr über den größten Wohungspool Österreichs. Im ganz persönlichen immonet.at-Porträt spricht das Wohnbau-Urgestein über seine Karriere, was einen guten Manager ausmacht und den Sozialen Wohnbau.

Herbert Ludl (68) darf zu Recht als Urgestein der heimischen Wohnbau-Szene betrachtet werden. Seit 1984 lenkt der gelernte Dreher als Vorstands-Vorsitzender die Geschicke der Sozialbau AG und damit auch die des größten österreichischen Pools an Wohnungen mit unglaublichen 47.545 Einheiten (Stand 2012). Seit 26 Jahre ist er an der Spitze eines 2,3-Milliarden-Euro-Unternehmens.


Manager: Mut zur Korrekturbereitschaft
"Ich kann mich über nichts so sehr ärgern, als über mich selber. Es gibt natürlich Situationen, wo man einen Blödsinn redet“, gesteht der 68-jährige Wiener und zweifach Vater im immonet.at-Interview - über seine Person, Karriere, Managertum und die österreichische Wohnbaupolitik. "Ich hätte aber auch großes Unbehagen vor Menschen, denen das nicht passiert. Die wirkliche Fähigkeit, die man haben muss, ist Korrekturbereitschaft. Und dazu gehört manchmal auch Mut. Mut, zu sagen, ich habe einen Fehler gemacht“, betont Ludl die Bedeutung von Selbstreflexion für Entscheidungsträger.


Vom Schlosser zum Vorstandsvorsitzenden

Mut zur Veränderung hat der Self-Made-Man aus bescheidenen Verhältnissen des dritten Wiener Gemeindebezirkes schon in jungen Jahren bewiesen: Mit 23 entschloss sich der Schlosser die Matura nachzuholen, danach studierte er Jus - in Mindestzeit. Der Generaldirektor war nicht geplant, vielmehr, erklärt Ludl: "Ich wollte gescheiter werden. Mir war die Welt des Handwerks zu eng. Ich habe zwar großen Respekt vor Leuten, die handwerklich arbeiten, aber ich wollte auch aus dem Milieu raus.“ In die "bildungs-bürgerliche“ Welt.

Friedliches Miteinander, abseits brennender Autos
Heute ist der SP-Funktionär Bewohner beider „Welten“. Steht das im Einklang mit dem sozialdemokratischen Gedanken? "Die Sozialdemokratie hat als einzige Bewegung den Anspruch Leuten helfen zu wollen, ihre Lebenszwecke, worin die auch immer bestehen, ohne Rücksicht auf ihre Herkunft erreichen zu können“, zieht Ludl wohl hier auch Parallelen zu seinem Werden. Und betont den sozialen Aspekt als wesentlichen Bestandteil einer funktionierenden Wohnpolitik. Ein sozialer und ethnischer Mix in heimischen Wohnanlagen, der entscheidend zum friedlichen Miteinander beiträgt, wo anderenorts Autos brennen. "Auch bei uns sind Ansätze wie in den USA oder Frankreich zu erkennen. Aber bei uns sagt– Gott sei Dank – niemand, dass nur eine Wohnungstypologie errichtet werden darf. Es braucht eine gute soziale Durchmischung, das heißt auch in Hinblick auf Wohngrößen, Wohntypologie, und auch einer gescheiten Mischung aus Objekt- und Subjektfördermaßnahmen.“

Toleranz und das bessere Leben der "Gstopften"
Da erregt sich Ludl an diversen kleinformatigen Medien, die mit bewusst negativer Berichterstattung einer Toleranz gefährlich entgegenwirken. Und über dumme Statistiken, die etwa zum Schluss kommen, dass Leute aus Hitzing gesünder leben: "Da brauch ich nicht darüber nachdenken, dass die Gstopften dort wahrscheinlich ein besseres Leben haben. Da muss man aufpassen!" Ludl nimmt es schon genau. Seine eigenen Briefe korregiert er bis zu sieben Mal. Schließlich liegt dem verhinderten Literaten auch das Schreiben besonders am Herzen. Große Werke wie die eines Thomas Mann hätten aus seiner Feder erwachsen sollen. Aber auch dem Fantasy-Genre kann Ludl viel abgewinnen, hat er doch zuletzt im Urlaub die Nibelungensaga verschlungen. Das Erzählen gefällt ihm.

Meditation im Laufen
Ein Ausgleich, der ihn, wie der Sport, aus dem Alltag holt. Auch Laufen hat für Ludl etwas Meditatives: "Da hast du den Kopf voll mit allem Möglichen. Und du läufts und läufst. Am Schluss ist alles ganz anders gereiht. Blockierendes ist weg, wesentliche Themen dringen in den Vordergrund. Man braucht manchmal Abstand, um das Wichtige zu finden.“


Anerkennung kommt von Menschen

Zum ganz Wichtigen zählt jedenfalls nicht die Ehrung mit dem Goldenen Ehrenzeichen Wiens 2011 - auch wenn sie natürlich gefreut hat. Wegen der persönlichen Anerkennung der Menschen in seinem Umfeld: "Unser Leben ist so wenig festlich. Und in unserer Gesellschaft gehört es dazu, dass man sich für Leistungen Respekt und Anerkennung verdient. Das sollte eigentlich jedem öfters passieren.“ Die Trophäe selbst fristet aber ein wenig beachtetes Dasein in einem Bücherregal.

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Datum: 06.09.2012

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