Wohnungsmarkt 2016: Steigende Preise, hohe Nachfrage
Starke Zahlen, zufriedene Gesichter: Georg Flödl, Präsident des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft (ÖVI), sprach gestern vor Journalisten von einem „guten Verkaufsjahr für den heimischen Wohnimmobilienmarkt“. Die Österreicher wären auch 2016 dem Betongold treu geblieben. Zum Jahresfinale präsentierte er gemeinsam mit Immounited eine Analyse der "fünf spannendsten Immo-Regionen Österreichs" – auf Basis der tatsächlich ver- und angekauften, verbücherten Wohnungen. Und so hat Österreich – respektive Wien, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck – im Jahr 2016 performt.
Präsident Flödl betonte in seinem Eingangsstatement, dass man für das vorliegende Datenmaterial aus den zentralen Ballungsgebieten nur im Grundbuch gelesen habe. Auf Umfragewerte und Angebotsdaten sei bewusst verzichtet worden. Damit könne in enger Abstimmung mit den Kooperationspartner Immounited ein realer Befund zum Eigentumswohnungsmarkt 2016 – der mit satten 40 Prozent das größte Stück am heimischen Immobilienkuchen ausmacht – abgegeben werden, so der Experte.
Run auf die Städte und ihre Speckgürtel
Ein Blick auf die Transaktionsdaten und die Landkarte verrät: Mehr als 50 Prozent aller Wohnungskäufe konzentriert sich auf die fünf größten Agglomerationen des Landes. 30 Prozent wurden zum Stichtag (31. Oktober) allein in Wien ausgedealt. Dann folgen die vier größten Landeshauptstädte. Die Anziehungskraft der Ballungsräume blieb auch 2016 ungebrochen, wie Flödl zusammenfasst. Der Zuzug in den Speckgürtel schlage sich in den Zahlen klar nieder. Man müsse kein Prophet sein, so sein Befund, um eine konstant steigende Nachfrage nach Wohnungen vorherzusagen.
Auch das Jahr 2016 wird es im Ranking ganz nach oben schaffen: Die knapp 50.000 verkauften Eigentumswohnungen aus 2015, die also noch vor der im diesem Jänner in Kraft getretenen Immobilienertragssteuer ihre Besitzer gewechselt haben, werden bis Jahresende zahlenmäßig überboten sein.
Die Wohnungstransaktionen blieben auch im heurigen Jahr auf hohem Niveau, was sowohl die Anzahl als auch das Volumen betrifft. Allein für Wien rechnet man beim ÖVI bis zum 31. Dezember mit rund 16.000 Wohnungstransaktionen. Flödl begründet diesen ungebrochenen Run unter anderem mit der anhaltenden Niedrigzinspolitik, die dem Wunsch nach den eigenen vier Wänden entgegenkäme.
„Der Eigennutzer ist und bleibt der größte Nachfrager am Wohnimmobilienmarkt“, so Flödl. Dementsprechend hoch sei daher auch die Nachfrage nach Objekten, die sich von einer breiten Bevölkerungsschicht finanzieren ließen. Bis hin zum Mittelpreissegment sei die Nachfrage sehr hoch und überträfe vielerorts das verfügbare Angebot.
In Innsbruck, Salzburg und Wien sind die mittleren Preise mit Abstand am höchsten. Die zweitgrößte Immoregion Graz erweist sich hingegen im Vergleich als „Schnäppchen“. Hier werden zwar im Vergleich zu Linz im Schnitt mehr als doppelt so viele Wohnungstransaktionen umgesetzt, das mittlere Preisniveau fällt aber – so die Zahlenlage – deutlich bescheidener aus.
So tickte der Wiener Wohnungsmarkt
In der Region Wien liegen laut vorläufigem Zahlenmaterial die mittleren 50 Prozent aller Wohnungskäufe bei gebrauchten Wohnungen in einer Preisspanne zwischen 2.400 und 4.000 Euro pro Quadratmeter. Neue beziehungsweise neuwertige Wohnungen erzielten zwischen 3.300 und 4.800 Euro je Quadratmeter.
„Die Preise haben im heurigen Jahr erneut leicht angezogen“, meint Immo-Experte und ÖVI-Vorstand Andreas Wollein mit Blick auf die Zahlen. Ausgehend von den aktuellen Zwischenergebnissen seien die mittleren Kaufpreise im Neubausegment um drei Prozent und im Sekundärmarkt um bis zu sieben Prozent gestiegen – ein Prozess der für alle Stadtteile gleichermaßen gelten würde, wie er bekundet. Preislich hinaufgegangen sei es speziell in Wien Margareten und in Teilen der Gürtelbezirke.
Wollein: „Die Akquise am Sekundärmarkt ist schwieriger geworden, denn verkauft wird derzeit nur, wenn es wirklich notwendig ist.“ Eine zumindest preisdämpfende Dynamik ortet er in den Neubaugebieten – ob nun citynah oder in der Peripherie. Dort seien zahlreiche Wohnprojekte in der Pipeline, die demnächst den Markt ein Stück weit entlassen sollten. Dennoch würde trotz gegenwärtiger Bauoffensive die Nachfrage – Stichwort: „erschwingliche Objekte“ – im Mittelpreissegment das Angebot bei weitem übersteigen. Hier dürfe man von einem klaren Verkäufermarkt sprechen. Ein gänzlich anderes Bild zeichnet der Experte für den Wiener Luxusmarkt. Eine kleine aber feine, finanzkräftige Klientel könne hier wählerisch agieren. Nachsatz: „Und sie tut dies auch.“
Graz: Suche am Sekundärmarkt
Billiger gehts in der grünen Mark mit seinem zweitgrößten Ballungsraum – zumindest was den Eigentumswohnungsmarkt betrifft. Die Hälfte der gebrauchten vier Wände im Raum Graz lag 2016 in einer Preisspanne zwischen 1.500 und 2.500 Euro je Quadratmeter. Neue Wohnungen kosteten im Vergleich dazu zwischen 2.700 und 3.700 Euro. (25 Prozent bezahlten weniger, 25 Prozent bezahlten mehr als Beträge in der mittleren Preisspanne.)
Auch in Graz wird eine verstärkte Nachfrage nach gebrauchten und günstigen Wohnungen verzeichnet, so Patricia Reisinger, Landesstellenleiterin des ÖVI. Die Wohnungssuchenden würden aufgrund des hohen Preisniveaus in den inneren, links der Mur angesiedelten, Stadtbezirken vermehrt auf die Stadtränder ausweichen. In Summe dürften die 40.000 Wohnungstransaktionen aus 2015 aber unerreicht bleiben.
Linz: Sinkendes Angebot ließ Preise steigen
1600 Wohnungen wurden im Großraum Linz ver‐oder angekauft. Die Preisspanne liegt etwas über jener der Second City Graz: Zwischen 1.700 und 2.800 Euro kosten 50 Prozent der gebrauchten Wohnungen, zwischen 2.900 und 3.800 bezahlt man im Mittel für Neubauwohnungen in Linz.
„Die Nachfrage im Großraum Linz ist nach wie vor sehr gut, insbesondere Leonding und Traun entwickeln sich“, berichtet Ferdinand Lechner, ÖVI Landesstellenleiter. Insgesamt wäre im Ballungsraum ob der Enns eine geringere Anzahl an Grundstücken zur Verfügung gestanden. U.a. habe der gewerbliche Wohnbau mit starker Konkurrenz seitens der Genossenschaften zu kämpfen gehabt.
Salzburg: Minus im Spitzensegment, Boom bei Kleinwohnungen
Salzburg findet sich auch im heurigen Jahr beim Preis in der Wiener Liga: Die mittleren 50 Prozent aller Wohnungskäufe bei gebrauchten Wohnungen lagen in einer Preisspanne zwischen 2.400 und 4.000 Euro pro Quadratmeter, für die Hälfte aller Neubauwohnungen mussten zwischen 3.700 und 5.000 Euro bezahlt werden.
Laut ÖVI-Landesstellenleiter Christian Schnellinger ist die Nachfrage nach Eigentumswohnungen im Neubau im höheren Preissegment (ab 6.000 Euro) eingebrochen. Als Renner des Jahres identifiziert er Kleinwohnungen unter 250.000 Euro. Bei gebrauchten Eigentumswohnungen, Baugrundstücken und Einfamilienhäusern ist seiner Analyse nach wohl auch im nächsten Jahr mit Preissteigerungen zu rechnen.
Innsbruck: Transaktionen sind weiter gestiegen
Als teuerstes Pflaster erweist sich Innsbruck, wo auch die Transaktionszahlen weiter gestiegen sind. Laut Analyse wurden im Westen am Sekundärmarkt zwischen 2.500 und knapp 4000 Euro je Quadratmeter ausgegeben (mittleren 50 Prozent aller Wohnungsverkäufe). Für den Neubau wurden zwischen 3.500 und 4.800 Euro errechnet. Dies sei laut ÖVI-Landesstellenleiterin Renate Haberzettl auch auf das fehlende Angebot zurückzuführen. „Es kommen derzeit nur wenige Objekte auf den Markt.“ Eine restriktive Flächenwidmung und eine zugeringe Bauverdichtung bereits gewidmeter Flächen hätten das Problem zusätzlich verschärft.
Trend: Wohnungen werden kleiner
Die sich durch alle Ballungsräume ziehenden Preissteigerungen schlagen auch auf die Suchprofile durch, meint ÖVI-Vorständin Sandra Bauernfeind. Gefragt seien eher kleine Wohnungen zwischen 65 und 80 Quadratmetern – mit einem vernünftig geschnittenen Grundriss und möglichst großen Abstellflächen. Kunden hätten ein klares Wunschbild vor Augen und würden – gut informiert – am Markt sondieren.
Keine Immo-Blase am Horizont
Von einer Blase am Immobilienmarkt ist Österreich, so Bauernfeind, weit entfernt. Auch 2017 sei, der guten Eigenkapitalquote sei Dank, keine Überhitzung in Sicht. Die dieses Jahr beobachteten Preisanstiege wären im internationalen Vergleich moderat geblieben, so die Expertin. Jedoch würden mittel- und langfristig Investitionsanreize und neue Abschreibmöglichkeiten sicher nicht schaden.