© immonet/Karin Bornett

Energieausweis Österreich: Pro & Kontra

In einer Podiumsdiskussion zum Thema nachhaltiges Planen und Bauen, waren sich fast alle Experten einig: Zumindest bewusstseinsbildend ist das Gesetz. Kritisiert wurden Berechnungsmethoden und "Scheintransparenz".

Seit Anfang Dezember 2012 ist das neue Energieausweis-Vorlagegesetz in Kraft. Der Energieausweis gibt nun detaillierter Auskunft über die energetische Qualität eines Gebäudes als das Vorgängermodell, ist aber kein unumstrittenes Instrument. Die Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK) lud deshalb zur Podiumsdiskussion mit dem Thema "Nachhaltiges Planen und Bauen - ohne neuen Energieausweis?".


Kampf um Ressourcen "schlimmer als Terrorismus"

Thomas Malloth, Obmann des Fachverbandes der Immobilientreuhänder der Wirtschaftskammer Österreich, ist vom positiven ökologischen Aspekt des neuen Energieausweises überzeugt - Vor allem um Ressourcen zu schonen, denn: "Der Verteilungskampf um knappe Ressourcen wird in Zukunft gefährlicher sein als Terrorismus. Wenn wir nichts tun sind wir bald nicht mehr fünf Minuten davor, sondern zwei Minuten zu spät".


Pro: Bewusstseinsbildende Wirkung

Christian Pöhn von der MA 39 (Prüf-, Überwachungs- und Zertifizierungsstelle der Stadt Wien) meint dazu: "Der Ausweis ist vor allem ein bewusstseinsbildendes Instrument und ein kleiner Mosaikstein am richtigen Weg". Dem schließt sich Irene Prieler, grundstein Architekten, an: "Der Energieausweis ist ein kleiner Punkt in einem architektonischen Konzept. Aber er ist auf jeden Fall ein Schritt in die richtige Richtung."


Kontra: Was zählt ist der Preis

Nadja Shah, Geschäftsführerin der Österreichischen Mietervereinigung, hingegen, steht der Richtlinie und dem Energieausweis äußerst skeptisch gegenüber. Sie bezweifelt, dass der Ausweis das Bewusstsein der Konsumenten schärft. Schließlich sei das schlagende Argument nach wie vor der Preis. Shah ist sicher: "Nur durch Energiepreissteigerungen sind die Konsumenten zu einem Umdenken zu bewegen. Energie ist noch immer zu billig." Solange Gas und Co. also noch bezahlbar sind, werden die Menschen die Wahl ihrers Wohnsitzes nicht auf Grund des Energieausweises treffen. Shah: "Praxisbeispiele zeigen, dass der Kauf oder die Miete einer Wohnung eine emotionale Entscheidung ist und keine Sache des Energieausweises."

Nicht unumstritten: der neue Energieausweis.


"Wir rechnen uns die Welt schön"

Auch zu den Berechnungsmodellen sind sich die Experten alles andere als einig: Während Pöhn sicher ist, die Einführung der Kostenoptimalität sei durchaus sinnvoll, entgegnet Shah: "Das ist Selbstbetrug. Wir rechnen uns die Welt schön".


Kritikpunkt Scheintransparenz

Zurück zur Praxis, zeigt sich auch Malloth durchaus kritisch: "Also ich verstehe nicht, was in der Richtlinie drin steht. Deshalb ist es wichtig, dass die Wissenselite diese Scheintransparenz aufklärt." Shah spricht in diesem Zusammenhang ebenfalls von Scheintransparenz und ist überzeugt: "Zu viel Informationen und Berechnungen verwirren den Konsumenten".


Anreize statt Strafe

Einig sind sich jedoch alle Experten, dass das Thema Ressourcenschonung und damit einhergehend auch der Energieausweis schon in den Schulen angesprochen werden soll und, dass es an Anreizmodellen für die Durchführung der Richtlinie fehlt.

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Datum: 11.03.2013

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