Wohnbaupolitik wird vom IIBW kritisiert!
Das Institut für Immobilien, Bauen und Wohnen (IIBW) übt scharfe Kritik an der Politik und sieht in wohnrechtlichen Reformen besonders großes Potenzial, um die Sanierungsquote von drei Prozent zu erreichen.
So ortet das IIBW in der österreichischen Wohnungspolitik einige Schwachpunkte und Effizienzpotenziale, wie aus der Studie „Effizienzpotenziale in der Österreichischen Wohnungspolitik“, hervor geht. Darin zeigt sich unter anderen, dass in der thermischen Sanierung große Chancen zur Erreichung der Klimaziele aber auch zur Belebung der Konjunktur stecken.
Laut Studie sei bei 2,2 Millionen der 3,6 Millionen Hauptwohnsitzwohnungen eine energieeffiziente Sanierung notwendig, also bei rund 60 Prozent des Bestands. Statt einer in mehreren Regierungsdokumenten verankerten Sanierungsquote von drei Prozent, liegt die Rate umfassender thermischer Sanierungen heute allerdings nur bei zirka einem Prozent des Bestands pro Jahr.
Sanierungsquote erhöhen
Vor allem bei Eigentumswohnungen und privaten Mietwohnungen seien umfassende wohnrechtliche Reformen notwendig, so das IIBW. Um die Sanierungsquote zu erhöhen, fordert das Institut unter anderen die Einführung effizienterer Kennzahlen, wie die Gesamtenergieeffizienz, die Abstimmung der verschiedenen Fördermittel von Bund, Ländern, Gemeinden und Energieversorgern, sowie die steuerliche Förderung energieeffizienter Sanierungen. Wolfgang Amann, Leiter des Instituts für Immobilien, Bauen und Wohnen: „Werden unsere Maßnahmen durchgeführt, erreichen wir ohne weiteres in drei bis fünf Jahren die Sanierungsquote von drei Prozent.“
Reformen für Mietzinsgebundene Objekte
Hohes Potenzial um die Quote zu steigern, sehen die Studienautoren in wohnrechtlichen Reformen. So sollen Mietzinsgebundene Wohnungen bei Durchführung umfassender thermisch-energetischer Sanierungsmaßnahmen etwa, nicht mehr dem „Mietzinsregime“ des Richtwertgesetzes, sondern der Angemessenheit unterliegen. „Die Angemessenheit der Mieten richtet sich dabei nach den üblichen Kriterien, wie Größe und Lage der Wohnung, genauso wie bei privaten Mietwohnungen, die dem Mietzins eben nicht unterliegen“, erklärt Amann. Das Institut gibt als Voraussetzung an, dass die Sanierung eine Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von mindestens 50 Prozent bewirken muss. Bestandsmieter sollen dabei keiner Mieterhöhung unterliegen, die Regelung soll nur bei Neuunterzeichnung des Mietvertrags zum Einsatz kommen.
Private Mietwohnungen: Warmmiete und Contracting
Investitionen in energetische Maßnahmen sind nach geltendem Recht vom Eigentümer zu tragen. Darin orten die Studienautoren eine Problematik, da die geringeren Energiekosten und der höhere Komfort, dem Mieter zu Gute kämen. Der Eigentümer profitiere also allenfalls von der Wertsteigerung seiner Immobilie, kritisiert das IIBW. Mit der Ermöglichung von Warmmieten im privaten Sektor, will das Institut das Nutzer-Investor-Dilemma von thermischen Sanierungen auflösen, da somit sinkende Energiekosten dem Eigentümer zu Gute kämen würden, der damit weitere thermische Sanierungen refinanzieren kann, so die Studienautoren. Außerdem schlägt das IIBW die Umlegung der Sanierungskosten auf die Miete, wie es bereits in Deutschland praktiziert wird, vor.
Auch Contracting soll laut IIBW die Sanierungsquote erhöhen. Dabei werden die eingesparten Energiekosten für die Refinanzierung von energieeffizienten Sanierungen genützt. Im gemeinnützigen Sektor bereits angewendet, soll dieses Verfahren – geht es nach den Vertretern des Instituts – auch vermehrt bei privaten Mietwohnungen zum Einsatz kommen. Amann: „Warmmiete, Contracting und Umlegung der Sanierungskosten nach deutschem Vorbild sind unterschiedliche Maßnahmen, die wir zur Erhöhung der Sanierungsquote vorschlagen. Sie sollen aber nicht gebündelt eingesetzt werden, sondern stellen eine Auswahl an sinnvollen Optionen dar.“
Dispositive Mindestrücklage im WEG
Eine dispositive Mindestrücklage im Wohnungseigentumsgesetz soll Schwung in die Sanierungstätigkeiten bringen. Dieser Ansatz bedeutet eine Umkehrung der Abstimmungsautomatik und könne die schwierige Willensbildung der Eigentümer erleichtern, so die Studienautoren. Das aktuelle Regierungsprogramm sieht bereits für die laufende Legislaturperiode die Einführung einer dispositiven Mindestrücklage im WEG unter Berücksichtigung von Alter und Erhaltungszustand des Hauses vor. Amann: „Viele Maßnahmen liegen noch in der Schublade. Das ist unser Hauptkritikpunkt an die Politik. Das ist politisches Managementversagen. Kaum eines der wohnrechtlichen Ziele des Regierungsprogramms 2008 konnte bisher umgesetzt werden. Einige Maßnahmen sind geeignet, die Konjunktur sofort zu beleben.“
Sanierung belebt Konjunktur
Die Erreichung der Sanierungsquote hat neben ökologischen auch umfassende wirtschaftspolitische und Beschäftigungseffekte. Auf die Konjunktur wirkt sich laut Studie die Anhebung der Sanierungsrate positiv aus: Die Erhöhung auf drei Prozent bewirke Investitionen in der Höhe von 1,7 Milliarden Euro pro Jahr und schaffe, beziehungsweise sichert, jährlich rund 30.000 Arbeitsplätze. Das bedeutet, pro Million Euro, die in energieeffiziente Sanierung investiert werden, ergeben sich Beschäftigungswirkungen von etwa 14 Arbeitsplätzen, rechnen die Interessensvertreter vor.