Zarter als zart: Sous-vide gegarte Lebensmittel
So stellen wir uns perfektes Essen vor: knackiges Gemüse voller Vitamine und ein butterzart gebratenes Stück Fleisch. Im Küchenalltag gelingt das jedoch nicht immer - es sei denn, wir garen mit Sous-vide.
Seit ein paar Jahren dringt eine Garmethode in unsere Privatküchen vor, die in den 1970ern entwickelt und erst einen langen Weg über die Profi-Gastronomie genommen hat: das Sous-vide-Garen. Sous-vide kommt aus dem französischen und bedeutet „unter Vakuum“ – und darin liegt auch das ganze Geheimnis. Die zu garenden Lebensmittel werden in einem speziellen Plastikbeutel vakuumiert und anschließend bei niedriger Temperatur in einem Wasserbad gegart. Dadurch behält Gemüse ein Maximum an Vitaminen, während Fleisch nicht seinen wertvollen Saft verliert und daher butterzart bleibt.
Kochendes Wasser zerstört Vitalität. Sous-vide arbeitet dagegen
Um ehrlich zu sein kochen viel zu viele von uns eigentlich falsch. Wir geben Karotten & Co bei voller Stufe in kochendes Wasser, damit alles möglichst schnell geht – dabei zerstört zu heiße Temperatur die Vitamine. Außerdem wird Gemüse so schnell matschig. Sous-vide berücksichtigt mit der Niedrigtemperatur diese Tatsachen und geht durch das Vakuumieren sogar noch einen Schritt weiter als etwa das Dampfgaren. Durch das Einschließen in einen Beutel geben Lebensmittel keinen Geschmack oder Flüssigkeit an Wasser und Luft ab. Im Gegenteil: Eingelegt in Marinade nimmt das Gargut weitere Aromen einfacher und effizienter auf. Vakuumiergeräte gibt es im Handel schon ab 60 Euro – allerdings nur mit einer einfachen Schweißnaht. Doppelt (und in diesem Fall tatsächlich besser) kosten die Geräte ab 150 Euro. Profigeräte gibt es ab 300 Euro.
Aromen und Saft bleiben, wo sie hingehören
Nach dem Einschweißen geht es ans Garen. Je nach Art des Lebensmittel und Dicke verändert sich die Temperatur und Garzeit. Von 30 Minuten bis mehrere Stunden ist alles möglich. Genaue Listen, an denen Sie sich orientieren können finden Sie hier. Wer geduldig ist, kann mit einem Elektrothermometer und Fingerspitzengefühl versuchen die Temperatur im Kochtopf selbst zu regulieren. Wesentlich einfacher geht es mit speziellen Sous-Vide-Geräten. Diese lassen sich mit einer Schwankung von maximal 0,5°C auf einer Temperatur halten. Gute Geräte gibt es ab 300 bis 400 Euro. Neben dem enormen Vorteil der eingeschlossenen Aromen bietet diese moderne Art des Garens noch einen Pluspunkt: es ist deutlich stressfreier. Die Toleranzschwelle beim Übergaren ist riesig. 10 bis 20 Minuten länger machen weder den Karotten noch dem Rinderfilet etwas aus. In der Pfanne unmöglich. Außerdem können Sie erst einmal in Ruhe die wesentlichen Teile Ihres Rezeptes fertiggaren, mit Eiswasser abschrecken und dann zurück in den Kühlschrank geben. Immer noch eingeschweißt und vakuumiert wohlgemerkt! Kein Problem also, wenn Ihre Gäste sich eine halbe Stunde verspäten oder Sie erst einmal in Ruhe die Nachspeise vorbereiten möchten.
Noch kurz in die Pfanne und dann fertig
Zwar kann nicht von einem direkten Nachteil gesprochen werden, aber nur durch Sous-vide wird das Gargut nicht tellerfertig. Besonders das Fleisch muss bei sehr hoher Temperatur noch einmal kurz (wirklich nur kurz, denn sonst war alles umsonst!) in die Pfanne, um angeröstet zu werden. Eher negativ: ausgeronnener Fleisch- oder Gemüsesaft bei herkömmlicher Zubereitung ergibt eine hervorragende Grundlage für Saucen. Beim Sous-vide müssen Sie separat etwas anrühren. Darüber hinaus ist rasches Zubereiten vor dem Garen notwendig, denn durch die Niedrigtemperaturmethode werden nicht alle Keime abgetötet. Gerade bei empfindlichen Lebensmitteln wie Geflügel oder Fisch müssen Sie daher hygienisch einwandfrei arbeiten.
Dicke | Garzeit Fleisch (56°C-62°C) | Garzeit Geflügel (63°C-65°C) |
10mm | 30 Minuten | 20 Minuten |
20mm | 50 Minuten | 60 Minuten |
30mm | 100 Minuten | 80 Minuten |
40mm | 150 Minuten | 100 Minuten |
50mm | 200 Minuten | 150 Minuten |
60mm | 250 Minuten | 200 Minuten |
Garzeit | |
Spargel | 25 Minuten |
Kartoffeln | 40 Minuten |
Wurzelgemüse | 70 Minuten |
Wirkliche Bereicherung oder künstlicher Trend?
Noch sind sich selbst Spitzengastronomen uneins, wie sinnvoll diese Art der Zubereitung tatsächlich ist. Viel hängt da natürlich auch vom persönlichen Geschmack und der Bekömmlichkeit ab. Für ein schnelles Essen nach der Arbeit eignet sich diese Methode absolut nicht. Ebenso für Singlehaushalte. Aber wer gerne mal am Wochenende Gäste bewirtet und sie mit einem unfassbar zarten Stück Fleisch und besonders aromatischem Gemüse überraschen möchte, der zählt bald einen Sous-vide-Garer zu seinen liebsten Küchengeräten. Gelegentlicher Einsatz hält auch den anfallenden Müll vom Einschweißen in Grenzen. Für alle andern gilt: Gemüse besser leise sieden als kochen und beim Fleisch aufpassen wie ein Wachhund, damit es nicht trocken wird. Guten Appetit!