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Bauvertragsrecht - das sollten Sie wissen!

Der Bauvertrag kommt als Werkvertrag nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen durch Angebot und Annahme zustande. Eine "Annahme" die vom Inhalt des Angebots auch nur geringfügig abweicht, gilt als Ablehnung und gleichzeitiges Gegenangebot.

Allgemeines zum Bauvertrag

Der Bauvertrag ist ein Werkvertrag, für den die Bestimmungen der §§ 1151, 1152, sowie die §§ 1165 bis 1171 ABGB gelten. Die genannten Rechts-normen des ABGB sind grundsätzlich dispositives (nachgiebiges) Recht, d.h., dass vom Gesetz abweichende vertragliche Vereinbarungen, welche die Vertragsparteien hinsichtlich eines Werkvertrages (Bauvertrages) treffen, den gesetzlichen Vorschriften vorgehen. Durchbrochen ist dieser Grundsatz nur bei der in § 1169 ABGB geregelten Fürsorgepflicht, bei Verbraucher-geschäften im Sinne des Konsumentenschutzgesetzes (KSchG) sowie bei sittenwidrigen Vertragsklauseln gemäß § 879 ABGB.Für den Abschluss von Bauverträgen gilt Formfreiheit. Bauverträge müssen daher weder schriftlich noch in notariell beglaubigter Form oder in Notariatsaktform abgeschlossen werden, sondern können auch mündlich wirksam vereinbart werden. In der Praxis empfiehlt sich zu Beweiszwecken naturgemäß der Abschluss eines schriftlichen Bauvertrages.

Zustandekommen von Bauverträgen

a) Angebot
Wie auch andere Verträge kommt der Bauvertrag als Werkvertrag nach allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen durch Angebot und Annahme zustande. Der Anbietende (Offerent) schlägt einen bestimmten Vertragsinhalt vor, wobei der Angebotsempfänger (Oblat) diesen Vorschlag annimmt. Um die Handlung oder Erklärung einer Person als Angebot (Offert) werten zu können, müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein. Erforderlich ist zunächst eine ausreichende inhaltliche Bestimmtheit sowie ein Bindungswille des Anbietenden. Ein Angebot ist inhaltlich ausreichend bestimmt, wenn es durch die bloße Erklärung des Einverständnisses (Annahme) des Angebotsempfängers angenommen werden kann. Somit müssen die essentiellen Mindestbestandteile (Hauptleistungen) des Bauvertrages im Angebot enthalten sein. Diese Hauptleistungen (das herzustellende Bauwerk und das dafür zu entrichtende Entgelt) müssen exakt festgelegt sein. Ausreichend bestimmt sind sie bereits dann, wenn im Angebot beispielsweise auf den "derzeit gültigen Listenpreis", auf die "derzeit gültigen Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB)" des Anbieters oder auf einschlägige ÖNORMEN verwiesen wird. Voraussetzung ist allerdings, dass es dem Angebotsempfänger möglich ist, sich Kenntnis von den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Anbieters zu verschaffen.

Der Bindungswille des Anbietenden ist dann gegeben, wenn sich der Anbieter aus der Sicht des Angebotsempfängers verbindlich festlegen möchte. Wenn eine Baufirma Preislisten oder Kataloge versendet oder Inserate in Zeitungen schaltet, legt sie damit noch kein verbindliches Angebot. In diesen Fällen ist anzunehmen, dass der "Anbieter" seinen Vertragspartner noch individuell auswählen möchte und den Vertragsabschluss von einer Bonitätsprüfung oder einer Prüfung der Vertrauenswürdigkeit des künftigen Vertragspartner abhängig macht.

b) Annahme und Bindungsfrist
Liegt ein Angebot (Offert) vor und wird dieses vom Angebotsempfänger übereinstimmend angenommen, so ist der Bauvertrag zustande gekommen. Wird das Offert vom Erklärungsempfänger abgelehnt, erlischt das Angebot sofort. Eine "Annahme" die vom Inhalt des Angebots auch nur geringfügig abweicht, gilt als Ablehnung und als Gegenangebot zu den abweichenden Bedingungen. Bietet also der Bauunternehmer die Herstellung eines Bauwerkes zum Preis von € 100.000,- an und antwortet der Auftraggeber dem Bauunternehmer, dass der bereit wäre, den Auftrag zum Preis von € 90.000,- zu erteilen, ist dies ein Gegenangebot des Auftraggebers, das der Bauunternehmer annehmen oder (allenfalls wieder mit einem neuen Angebot) ablehnen kann.

Voraussetzung für die Annahme des Angebots ist, dass der Anbietende von der Entscheidung des Angebotsempfängers Kenntnis erlangt. Die Annahme ist daher eine empfangsbedürftige Willenserklärung, die voraussetzt, dass die Annahmeerklärung beim Anbieter während der Bindungsfrist eingeht. Umgekehrt tritt die Bindung des Anbietenden gegenüber dem Angebotsempfänger ebenso dann ein, sobald der Angebotsempfänger vom Angebot Kenntnis erlangt.

Da die Bindung des Anbieters nicht ewig dauern kann, wird im Geschäftsverkehr, insbesondere bei Bauverträgen, vom Anbietenden häufig selbst eine Bindungsfrist (zB "das Angebot ist bis zum 31.8.2005, 16.00 Uhr bindend") bestimmt. Legt der Anbieter keine Bindungsfrist fest, sieht das Gesetz in § 862 ABGB vor, dass ein unter Anwesenden oder fernmündlich gemachtes Angebot nur während der Verhandlungen bindet und daher sofort angenommen werden muss. Ein solches Angebot erlischt daher sofort mit Ende des Gespräches. Wird ein Angebot hingegen einem Abwesenden - also wie in der Praxis üblich schriftlich - übermittelt, kommt es für die Dauer der Bindung - sofern der Anbietende keine Bindungsfrist gesetzt hat - darauf an, wann der Anbietende bei der üblichen Dauer des Postlaufes eine Antwort erwarten darf. Zusätzlich zum Postweg ist noch eine ausreichende Überlegungsfrist des Angebotsempfängers zu berücksichtigen. Üblicherweise wird man bei Bauverträgen, bei denen die Vertragspartner ihren Sitz im Inland haben, von einer Bindungsfrist zwischen 10 und 14 Tagen ausgehen müssen.

Baufirmen ist zu empfehlen, nicht nur die Vertragsbedingungen genau zu definieren, sondern exakt festzulegen, wie lange sie an ihr Angebot gebunden sein wollen, um Streitigkeiten hinsichtlich des Zustandekommens des Bauvertrages zu vermeiden.

AutorIn:
Datum: 25.03.2010
Kompetenz: Recht

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