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Sind Wohngifte eine Gefahr für die Gesundheit?

Gift in den eigenen vier Wänden? Undenkbar! Doch leider nur allzu real. Lesen Sie hier, welche Schadstoffe es im Innenbereich gibt, wie Sie den gefährlichen Substanzen auf die Spur kommen und was Sie dagegen tun können.

Wir kommen heutzutage mit vielen unterschiedlichen Schadstoffen in Berührung. Auch im Innenbereich unseres Zuhauses können Gefahren in Form von Wohngiften lauern, an die man eigentlich nicht denken mag. Denn beim Bauen, Renovieren oder Einrichten verlassen wir uns auf das Angebot an ökologisch optimalen Baumaterialien und Produkten.

Wohngifte stehen im Verdacht, Erkrankungen im Bereich des Nervensystems, der Atemwege und anderer Organe sowie des Immun- und Hormonsystems auszulösen. Auch wenn akute Vergiftungen selten und die Symptome vielfältig sind, und sie auch bei anderen, nicht umweltbedingten, Erkrankungen auftreten können, umfassen die Wohngifte viele zumeist geruchsfreie Schadstoffe aus unterschiedlichen Quellen, die sich zu lange anhaltenden Belastungssituationen entwickeln können.

Wo die Schadstoffe typischerweise vorkommen

In der Vergangenheit, insbesondere in den 1960er und 1970er Jahren, wurden chemische Materialien und Baustoffe ziemlich sorglos im Hausbau verwendet. Gerade mit Holzschutzmitteln wurde rigoros gegen Insekten- oder Pilzbefall sowie Moose, Flechten und Bläue vorgegangen. Erst danach, in den 1980er Jahren, wurden die gesundheitlichen Auswirkungen bekannt und man suchte nach weniger gesundheitsgefährdenden Alternativen. Strengere Gesetze regeln seither weitestgehend den Einsatz von schadstoffbelasteten Materialien. Doch auch mikrobielle Schadstoffe wie Schimmel, der durch Baufehler, zu viel Feuchtigkeit und natürlich auch schlechte Lüftung entstehen kann, belasten die Gesundheit mitunter.

Die häufigsten Wohngifte im Haushalt

  • Die mittel- oder schwerflüchtigen Substanzen umfassen giftbelastete Holzschutzmittel wie PCP, Lindan oder PAK und PCB – diese belasten die Raumluft über Jahre oder Jahrzehnte.
  • Die flüchtigen organischen Verbindungen, wie Formaldehyd (Methanal), sind in der Regel Lösungsmittel, die über eine kürzere Zeit, über mehrere Wochen, freigesetzt werden – aus neuen Produkten wie Parfüm, Filzstiften, Duftlampen, Farben, Lacken, speziellen Klebern, Heizöl, Spiritus, manche Möbel oder Bodenbeläge.
  • Die Mikroorganismen wie Schimmelpilze oder Milben, explizit deren Ausscheidungen oder die Toxine.

Holzschutzmittel, die krank machen (können)

Die gefährlichsten Holzschutzmittel sind PCP oder Lindan. Dichchlofluanid ist ein giftiger Konservierungsstoff gegen Pilzbefall. Er kommt auch in Dispersionsfarben, Lasuren und Lacken vor. Fakt ist. Diese Substanzen können dem Organismus Schaden zufügen. PCP (Polychlorierte Biphenyle) etwa bauen sich einmal freigesetzt sehr langsam in einem Zeitraum von zehn bis 100 Jahren wieder ab. Erkrankungen wie eine Immunsystemschwächung oder Krebs stehen mit ihnen im Zusammenhang. PCP konnte auch in Nutztieren nachgewiesen werden, der Schadstoff gelangte wohl durch Futter in die Tiere, da er sich auch im Ökosystem nur sehr langsam abbaut. Chronische Vergiftungen des Menschen nach dem Verzehr von betroffenem Fleisch können die Folge sein. Seit 1989 ist die Herstellung von Produkten mit PCP verboten.

Biozide gestern und heute

Auch heute noch werden Materialien im Innenausbau eingesetzt, die gesundheitlich bedenklich sind. Dazu zählen etwa die Innenraumbiozide PCP (B. Pentachlotphneol) oder DDT, die das typische Holzschutzmittelsyndrom auslösen können. Symptome sind unter anderem Schwindel, Kopfschmerzen oder Schleimhaut- und Hautreizungen.

Die jüngste Generation der Biozide bilden die Pyrethroide (Permethrin), die neben Alkylphosphaten gegen Schädlinge oder Lästlinge eingesetzt werden. In Pressspanplatten, teerhaltigen Klebern oder Dichtungsmaterialien kann es zum Emittieren von Formaldehyd und PAKs kommen.

Nicht selten befinden sich krankmachende Schadstoffe in Dispersionen, Farben udn Lacken. Achten Sie beim Kauf solcher Baustoffe unbedingt auf die Zertifizierung und Siegel. © Alena Ozerova/Adobe Stock

Vorsicht bei Dispersionsfarbe!

Auch in wasserlöslicher Dispersionsfarbe, die ja im Gegensatz zu Lacken als umweltfreundlich gilt, befinden sich giftige Konservierungsstoffe, die einen Schimmelbefall vermeiden sollen. Dämpfe, die sich beim Auftragen entwickeln, können sich oft noch 14 Tage später in der Raumluft befinden. Achten Sie daher beim Kauf auf hochwertige Dispersionsfarben, die sehr geringe Mengen an Konservierungsstoffen enthalten und doch effektiv gegen Schimmel sind.

Vergiftung? Diese Symptome können auftreten

Wenn dauerhafte gesundheitliche Symptome wie allergische Beschwerden, Abgeschlagenheit, Müdigkeit, migräneartige Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Schleimhautreizungen oder Atembeschwerden auftreten, wird selten die Ursache in der Wohnung gesucht. Doch können Schadstoffe im Wohnbereich schlimmstenfalls irreversible gesundheitliche Schäden anrichten und selbst chronische Vergiftungen sind möglich. Spätestens wenn in Ihrer Familie mehrere Mitglieder über eine ähnliche Symptomatik klagen, sollten Sie aufmerksam werden und einen möglichen Zusammenhang mit Wohngiften in Betracht ziehen. Vorsorge sollte speziell dann getragen werden, wenn ältere Personen oder Kleinkinder im Haushalt leben oder Menschen mit Asthma, Allergien oder einer Immunschwäche. Wohngift, wie etwa Formaldehyd, belasten den Stoffwechsel schwer, die körpereigene Entgiftungskompetenz wird völlig überlastet, der Organismus kann das Gift nicht mehr ausreichend unschädlich machen.

Wie lassen sich Schadstoffe nachweisen?

Erst sollten sie versuchen, das Schadstoffproblem selbst einzugrenzen. Seit wann haben Sie einen Verdacht oder haben Sie in Ihrer Wohnung Veränderungen vorgenommen, wie einen neuen Boden, ein Buchregal? Fanden Umbauarbeiten statt? Wo und wann treten Ihre Symptome auf, nur dann wenn Sie länger zuhause sind, wie an den Wochenenden? Wie ist es im Urlaub oder an Ihrer Arbeitsstelle? Manchmal findet sich eine alte Lackdose oder der Parkettkleber im Keller oder auf dem Dachboden, das könnte ein erster Hinweis sein. Haben Sie bestimmte Quellen wie ein neues Reinigungsmittel oder das Regal in Verdacht, entfernen Sie diese und beobachten Sie Ihre Symptome. Bei fest verlegten Bodenflächen empfiehlt es sich, den Raum für einige Zeit zu meiden, verschwinden die Beschwerden, haben Sie die Ursache gefunden.

Giftstoffe ade: Das macht der Profi

Heute sind umweltmedizinische Beratungsstellen, ökologische Forschungsinstitute oder Experten für Baubiologie und Umweltmesstechnik Ihre Ansprechpartner, wenn es um das professionelle Finden der Schadstoffe geht. Die Schadstoffmessung ist relativ teuer, zahlt sich aber im Falle von gesundheitlichen Einschränkungen jedenfalls aus. Außerdem bieten medizinische Labore eine Untersuchung des Blutes oder Urins an, um bestimmte Schadstoffe zu eruieren. So kann beispielsweise Formaldehyd und Vinylchlorid (PVC) im Urin oder Lindan und Pentachlorphenol (PCP) im Blut nachgewiesen werden.

AutorIn:
Datum: 02.08.2023
Kompetenz: Sonstiges

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