Inkompetenz in Baukultur ausgezeichnet
Die IG Architektur vergab zum zweiten Mal den "planlos" - ein Preis für die inkompetenteste Entscheidung in Österreichs Baukultur. Als "Sieger" ging das Österreichische Normungsinstitut hervor.
Die IG Architektur vergab heuer zum zweiten Mal den Preis für die inkompetenteste Entscheidung der österreichischen Baukultur, den "planlos". Die „Auszeichnung“ ging diesmal nicht an ein Bauprojekt, sondern an eine Institution: Das Österreichische Normungsinstitut.
Sieger: Normungsinstitut verkauft "Geheimrecht"
Der "Geheimgesetzgeber", wie das Normungsinstitut von der planlos-Jury genannt wurde, behindert die Arbeit der Bauschaffenden durch eine Unzahl ständig novellierter Normen, so die Begründung für die Entscheidung. Laudator Matthias Öhler nannte als Beispiel die ÖNORM B 1600 über barrierefreies Bauen: „Im Webshop des Österreichischen Normungsinstituts sind 14 Fassungen dieser Norm zu verkaufen: allein seit dem Jahr 2010 wurde diese ÖNORM vier Mal novelliert. Wer alle diese Fassungen gekauft hat, musste mehr als 600 Euro im Webshop des Normungsinstituts lassen."
Dazu kommt: die ÖNORM B 1600 ist nicht bloss eine Norm. Sie ist über die OIB-Richtlinien für verbindlich erklärt und hat die Kraft einer Verordnung, stellt Öhler fest. "Während Verordnungen kostenlos im Internet zu beziehen sind, entscheidet das Normungsinstitut, wer die ÖNORM B 1600 zu welchem Preis kaufen darf. Die ÖNORM ist also eigentlich Geheimrecht: Mann muss sie einhalten, um eine Baubewilligung zu bekommen, man bekommt sie aber nur, wenn man das Normungsinstitut bezahlt. Mit Rechtsstaat hat das nichts zu tun.“
2. Platz für Wiener Stadtregierung
Der zweite Preis ging unter dem Motto „ganzjährig Granteln im Gartl“ an die „Verantwortlichen Entscheidungsträger der Wiener Stadtregierung seit 1992“. Mit Novellierungen des Wiener Kleingartengesetzes wurde die Möglichkeit geschaffen, Parzellen zu kaufen und darauf dauerhafte Wohnhäuser zu errichten. Laudator Reinhard Seiss: „Die Verantwortlichen der Stadtplanung Wien haben so in den letzten 20 Jahren eine nicht zusammenhängende Stadt von der Einwohnerzahl von St. Pölten ermöglicht – entgegen aller Grundsätze einer verantwortlichen Stadtplanung.“
Sonderpreis für ORF
Den Sonderpreis, den „schamlos 2013“, heimste der ORF ein: „Der ORF vertritt beharrlich die Auffassung, kein öffentlicher Auftraggeber zu sein – trotz gegenteiliger Entscheidungen des Bundesvergabeamts, die ihn klar dazu verpflichten, bei Ausschreibungen – ganz aktuell jener zur Generalplanung der Sanierung des ORF-Zentrums am Küniglberg – das für öffentliche Institutionen geltende Vergaberecht einzuhalten“, so die Begründung der Jury.