© Sebastian Kober

Smart Home im Reality Check

Wie lebt es sich in einem Haus, das sich selber steuert? Sind die Funktionen alltagstauglich? Lässt sich die Technik mit Kindern vereinen? Der 24-Stunden-Test zeigt: Angenehm reduziert aufs Wesentliche fühlte sich das Probewohnen im Smart Home an.

Klatschen und die Lichter gehen an, der Kühlschrank meldet ans Handy, dass die Milchvorräte dem Ende zugehen, und mittels Panel an der Küchenwand können wir den Heizraum beobachten oder die Kaffeemaschine einschalten. Mit der Vorstellung vom Smart Home voller Gadgets und Gimmicks hatte der hier beschriebene Ausflug in die Smart-Home-Realität nichts zu tun, aber so gar nichts.

Wie jetzt, Autopilot?

Auf dem Weg vom Wohnzimmer ins Gäste-WC wandert die Musik mit, das Licht geht automatisch an, sobald ein Raum betreten wird, und wenn am Abend der Smart-TV angeschaltet wird, dimmt sich die Raumbeleuchtung automatisch auf ein angenehmes Ambiente und die Musik verstummt.

Macht Smart Home glücklich? © Sebastian Kober

Die Rollläden passen sich an den Sonnenverlauf an und richten ihre Lamellen über den Tag immer ganz automatisch so aus, dass genügend Helligkeit, aber nicht zu viel Hitze in den Raum gelangt. Geheizt wird nur, wenn sich jemand im Haus befindet, gelüftet hingegen natürlich, wenn sich die Bewohner im Inneren des Hauses aufhalten. Doch ist das ein Leben auf Autopilot? Irgendwie nicht, wie wir als Testerfamilie finden – denn: Chef bleibe ich immer noch selbst. Das Haus macht nicht, was es will, das Haus macht, was wir wollen. Einmal programmiert, werden die Abläufe dann jedoch automatisiert.

„Mama, Doppelklick beim Rausgehen!“

Was uns besonders interessiert hat, war die Kompatibilität der Smart-Home-Technik mit dem Nachwuchs: Würden wir 24 Stunden damit beschäftigt sein, die Kinder vom Drücken irgendwelcher Knöpfe abzuhalten, um die voreingestellten Szenen nicht zu zerstören oder gar einen Alarm auszulösen, den wir nicht mehr abstellen könnten? Die Zukunft ist smart – doch ist sie es auch für die zukünftige Generation? Wenn es nach dem für diese Reportage getesteten Konzept geht, dann ja. Denn die Bedienung läuft nicht nur extrem intuitiv und in jedem Raum an jedem Taster und jeder Fernbedienung gleich ab, sie geht den Nutzern auch innerhalb weniger Minuten ins Blut über. Rechts Musik, Mitte Licht, links Beschattung. Lauter und leiser, auf und zu. Der Raum wird mittels Doppelklick am Taster „ausgeschaltet“. Mit einem Dreifachklick verabschiedet sich das System in den Nachtmodus, der sich im Praxistest als besonders praktisch erwiesen hat: Der nächtliche Toilettengang mit dem Nachwuchs wird durch ein sanftes Blaulicht ermöglicht, gerade so eingestellt, dass der Kleine nicht mal richtig wach wird dabei.

Wie die Tasterzonen belegt werden, bleibt übrigens jedem selbst überlassen, empfehlenswert ist lediglich, sämtliche Taster im Haus gleich zu programmieren – sonst muss ja von Raum zu Raum umgedacht werden und von intuitiv ist man dann entsprechend weit entfernt.

Da so ein rasch reagierender Taster mit seinen vielen Funktionen aber doch auch verführerisch für kleine Kinderhände ist, können ausgewählte Taster, etwa im Kinderzimmer, auch gesperrt werden, die Lautstärkebegrenzungen eingestellt und Bewegungsmelder auf quirlige Kinder abgestimmt werden. In Wirklichkeit ist es damit aber wohl so, wie im „normalen Leben“ auch, irgendwann ist sowieso wieder das Spielzeug interessanter – es wird ja auch zu Hause nicht hundert Mal der Lichtschalter betätigt.

Klick & Check: Die App, die sich über Smartphone und Tablet bedienen lässt, ermöglicht die Steuerung einzelner Räume und des gesamten Hauses. © Sebastian Kober

Alles im Blick

Mittels der Systemapp kann am Tablet beziehungsweise am Smartphone schon mit wenigen Klicks das gesamte Haus und jeder einzelne Raum kontrolliert werden. Wo brennt gerade wie viel Licht, wo läuft welcher Radiosender in welcher Lautstärke und sind die Rollläden im Schlafzimmer offen oder geschlossen? Dazu Raumtemperatur, Lüftungsstatus und mögliche Alarmsicherungen. Die Einstellungen können natürlich auch direkt über das intuitive Menü verändert werden.

Unser Fazit

Um das Smart Home zu seinem Smart Home zu machen, bräuchte es natürlich mehr Zeit als die 25 Stunden, die wir als Testfamilie zur Verfügung hatten. Aber die Grundfunktionen sind schnell verstanden und werden schon nach einem Tag von allen Familienmitgliedern ganz selbstverständlich, ja, fast schon automatisiert, angewandt. Trotzdem gab es den einen oder anderen Moment, in dem der Autopilot für uns „außer Kontrolle“ geriet. Der Fernsehabend etwa wurde jäh unterbrochen, als sich der Testervater aus der Couch erhob, um für trinkbaren Nachschub zu sorgen. Aus heiterem Himmel gingen sämtliche Lichter im Wohnzimmer an – und eine Rückkehr zum angenehmen Kinoambiente mit abgedunkelten Farben war – zumindest uns Smart Home Laien – nicht mehr möglich. Auch das mehrmals leiser gestellte Radio in der Gästetoilette widersetzte sich hartnäckig unserem Befehl, was die Kinder übrigens äußerst amüsierte.

© Sebastian Kober

Der Übergang vom künstlichen Experiment zum Lebensalltag im Real Smart Home war trotz dieser Kleinigkeiten aber fließend, und er wurde uns mit den hier erlebten Konzepten sehr leicht gemacht. Doch sollte beziehungsweise kann – und auch das nehmen wir uns aus diesem Wochenende mit – die Technik den gesunden Menschenverstand nie ganz ersetzen – auch wenn sie, wie in dem hier beschriebenen Beispiel, aufs Wesentliche reduziert ist.

Loxone ist laut eigenen Aussagen der weltweit einzige Anbieter von Smart-Home-Komplettlösungen. Das smarte Zuhause steht in der Unternehmensphilosophie für Sicherheit, Komfort und schlicht mehr Zeit. Wir haben uns mit Martin Öller, CEO und Gründer von Loxone, zum Gespräch getroffen.

Architektur im Mittelpunkt: Loxone hat sich den Slogan „Real Smart Home“ auf die Fahnen geschrieben. Was unterscheidet Ihre Lösungen von denen des – nennen wir es – herkömmlichen Smart Home?

Martin Öller, CEO Loxone: Der Markt hat sich in den letzten Jahren verändert. Begonnen hat alles mit Smart Home 1.0. BUS-Systemen, mit vielen kleinen Tasten an der Wand. So hat es auch bei mir zu Hause angefangen. Aber ich frage mich: Ist es wirklich komfortabler, das Licht mit zwei Tasten als mit einer zu bedienen? Als Nächstes kam das Smart Home 2.0, in dem die meisten Menschen und Hersteller heute gedanklich feststecken. Bedient wird nun nicht mehr via Taste und Schalter, sondern via App am Smartphone oder dem Tablet. Wieder die Frage: Ist das wirklich attraktiv, das Licht mit dem Handy einschalten zu können? Ist das nicht einfach die nächste Spielerei? Unsere Philosophie ist Smart Home 3.0: Das Haus weiß selber, was zu tun ist. Ziel: Ich als Bewohner erspare mir übers Jahr 50.000 Handgriffe. Ohne Einzellösungen, ohne Spielereien am Handy. Loxone – mein Gründungspartner und Mastermind Thomas Moser und ich –, wir waren von Beginn an für eine Gesamtlösung, für ein automatisiertes Haus. Unser Ziel ist es nicht, den Kunden mit einem hohen Einsatz von Kapital zu einer schönen Lösung zu verhelfen. Smart Home soll vielmehr ein gängiges Wohnmodell werden, und jeder Häuslbauer soll sagen: Jawohl, das will ich haben, das ist sinnvoll. Eine Standardinvestition, die man sich leisten kann und will, weil sie einem das Leben erleichtert. Und das ist für mich „Real Smart Home“.

„Beim Thema Sicherheit bin ich auf der Seite der Kritiker.“ Von links nach rechts: Martin Öller, CEO und Gründer von Loxone und Herr Thomas Moser. © Loxone

AIM: Ist eine Tendenz in diese Richtung jetzt schon beobachtbar? Wie sieht das Smart Home in der Vorstellung der Kunden aus?

MÖ: Ich beobachte in meinen Gesprächen etwas ganz klar: Wenn jemand ein Haus baut, ist das Ziel nicht, ein Heim voller Gadgets und Gimmicks, sondern Lösungen für den Alltag zu bekommen. Und noch eine starke Strömung spüre ich: mehr Einfachheit, mehr Ruhe, mehr Fokus. Die Menschen wollen wieder zurück zur Langsamkeit. Mir scheint, noch nie haben sich so viele Menschen mit Meditation beschäftigt wie jetzt. Das Thema ist omnipräsent. Warum? Weil’s einfach zu viel wird. Wir als Loxone wollen uns diesem gesellschaftlichen Phänomen des „immer schneller, mehr und weiter“ nicht anschließen. Wir wollen das Leben vereinfachen, daher ist bei uns eine Bedienung per App nicht zwingend notwendig, die Technik rückt für den Besitzer in den Hintergrund, denn das Haus weiß von selbst, was zu tun ist. Das Verwenden einer App soll keine Voraussetzung sein, um in einem Smart Home zu leben. Und derjenige, der gerne seine Einstellungen öfters ändern möchte, der kann natürlich – wenn er mag.

AIM: Was sagen Sie zur These des gläsernen, vermessenen Menschen. Ist das Smart Home als die Basis für Hackerangriffe und Datenklau? Wer die Daten hat, hat die Macht?

MÖ: Ich stelle mich da auf die Seite der Kritiker. Um ein Loxone Smart Home zu betreiben, brauche ich keine Cloud, ich brauche in Wirklichkeit nicht mal das Internet. Stecke ich mein Smart Home nicht ans World Wide Web an – auch gut, es wird trotzdem ganz normal funktionieren. „Mein Haus, meine Daten“ – das ist unser Alleinstellungsmerkmal. Da wird nichts, kein einziger Wert, ob Temperatur, Licht oder Alarmanlagendaten, in einer Cloud gespeichert. Sämtliche Daten werden auf einem Miniserver gespeichert, der im Gebäude ist und bleibt. Wir als Hersteller stoßen mit dieser Philosophie nicht selten auf Kopfschütteln. Immerhin könnte eine Vermarktung der Daten wirklich einiges bringen – monetär betrachtet. Aber das ist nicht unser Ziel – heute nicht, und auch morgen oder übermorgen nicht. Ich denke aber, die Leute werden da noch viel sensibler werden und in Zukunft noch viel genauer hinschauen, was mit den persönlichen Daten passiert und wie sie geschützt werden.

Smart Home 3.0 Das Haus muss selber wissen, was zu tun ist - der Chef bleibt aber stets der Bewohner. © Sebastian Kober

AIM: Smart Home in fünf Jahren. Was ist Ihre Vision?

MÖ: Smart Home soll wie schon erwähnt zum gängigen Wohnmodell werden. Wir halten unsere Entwicklungen daher sehr realitätsnah, testen in unseren eigenen vier Wänden, und wenn uns als Anwender was fehlt, wird es ergänzt beziehungsweise entwickelt. Als wir mit Loxone begonnen haben, war der Output in den Systemen schon am Stand von heute, aber mit viel, viel mehr Aufwand für den Installateur. Ich würde sogar sagen, mit dem Zehnfachen an Aufwand. Wir haben diese Hürde minimiert, und das soll noch weitergehen. Ein Smart Home zu installieren, soll mit so wenig Aufwand wie nötig möglich sein. Wenig Drähte, wenig Kabel, wenig Ärger. Denn was nützt es, wenn der Kunde das System zwar top findet, der Partner aber sagt: Du, das installier ich dir nicht, das ist mir zu kompliziert. Genau deshalb bieten wir jetzt auch ein komplettes Planungstool, mit dem unsere Partner noch einfacher zur individuellen Komplettlösung kommen.

AIM: Sie haben am Beginn unseres Gespräches davon gesprochen, dass Smart Home nicht gleich teuer sein darf. Können Sie uns einen ungefähren Kostenrahmen für Ihr System nennen?

MÖ: Eine Pauschale ist natürlich schwierig zu nennen, aber wenn wir von einem Standardeinfamilienhaus mit etwa 150 Quadratmetern ausgehen, kostet die Basisausstattung im Neubau etwa 10.000 Euro. Wenn ich als Hausbauer hingegen vorhabe, meine Heizung clever zu steuern, meine Beschattung über ein System regelbar und meinen Wohnraum mit einem Multi-Audiosystem auszustatten, dann kann ich das alles auf einen Punkt zusammenlaufen lassen und die einzelnen Komponenten in einem einzigen System zusammenführen. Da sprechen wir dann von viel geringeren Ausgaben als die vorhin erwähnten 10.000 Euro.

AIM: Was ist Ihnen als Smart-Home-Nutzer besonders wichtig?

MÖ: Der Komfort und die gewonnene Zeit. Ich will mich als Vater von zwei Kindern und Manager nicht mit Technik beschäftigen. Das Haus muss wissen, was zu tun ist. Wenn ich in den Urlaub fahre, stelle ich auf Urlaubsmodus, und das Haus tut alles Nötige. Wenn ich schlafen gehe, schalte ich den Nachtmodus ein, und das Haus weiß, was dazugehört.

AIM: Danke für das Gespräch!

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Datum: 11.09.2018

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