Architekturszene trauert um Dietmar Steiner
„Die Architektur hat einen ihrer größten Mentoren verloren!“ Nicht nur das Architekturzentrum Wien trauert über den Tod seines Gründers und langjährigen Direktors. Der Architekturtheoretiker Steiner agierte als wichtiger Vermittler an der Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis.
1951 in Wels geboren, studierte Dietmar Steiner Architektur an der Akademie der bildenden Künste. Er arbeitete an Friedrich Achleitners Archiv „Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert“ mit, lehrte bis 1989 an der Hochschule für angewandte Kunst und fungierte als Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Architektur (1980–1982). Darüber hinaus war er als Redakteur beim internationalen Mailänder Magazin „domus“ tätig. 2002 kuratierte er als Kommissar den österreichischen Beitrag der Architektur-Biennale in Venedig. Von 2006 bis 2014 war er Präsident von ICAM – International Confederation of Architectural Museums – der weltweiten Dachorganisation der Architekturmuseen. Von 2009 bis 2014 hatte er zudem den Vorsitz des Qualitätsbeirats für den sozialen Wohnbau in Wien inne. Seit 1989 betrieb er ein eigenes Büro für Architekturberatung in Wien.
Scharfzüngiger Kritiker, kompromissloser Architekturliebhaber
Wenige prägten die österreichische und internationale Architekturwelt über Jahrzehnte so stark, wie Dietmar Steiner. Als Autor, als Vortragender, als Juror und Kurator und - sein wohl größtes Projekt - als Gründer des Architekturzentrum Wien im Jahr 1993. 23 Jahre lang hat er diese Institution geleitet und zu einem der weltweit angesehensten Architekturmuseen gemacht. Im Mittelpunkt standen dabei stets die gesellschaftliche Dimension von Architektur und das Museum als Ort für neuralgische Debatten.
„Architektur ist Lebensmittel“
Steiners Arbeit war geprägt von seiner tiefen Überzeugung für eine menschliche und ressourcenschonende Architektur. In den letzten Jahren wurde sein Blick auf die Architektur von einem zunehmenden Pessimismus geprägt. Global agierende Großbüros, Stararchitekten und die rechtliche wie wirtschaftliche Schwächung des Berufsstandes sah er als Teil einer gesellschaftlichen Krise. Die Architektur ließ ihn aber auch nach seiner Pensionierung 2017 nicht los. Und so widmete er sich einer Aufgabe, die zugleich auch den Beginn seiner Karriere darstellte, der Arbeit von Friedrich Achleitner und dem ausständigen Architekturführer Niederösterreich. Leider konnte er dieses Projekt nicht mehr beenden. Dietmar Steiner verstarb im Alter von 68 Jahren in Wien.