Bank Austria-Experten: Wieder Rekordjahr für Austro-Immomarkt
Der österreichische Markt für kommerzielle Immobilien ist laut jüngstem Bank Austria Real Estate Report für Österreich nach wie vor sehr attraktiv. Im Gesamtjahr 2016 könnte mit 3,9 Milliarden Euro bei kommerziellen Immobilien ein zumindest ähnlich hohes Investitionsniveau wie im letzten Jahr erreicht werden.
Der österreichische Immobilienmarkt ist immer noch von hohen Preisen und niedrigen Renditen geprägt, was ihn weiterhin attraktiv macht. Der Immobilienpreisanstieg im Wohnbau hat wieder deutlich an Schwung gewonnen. Die Bauleistung im Wohnsegment hinkt mit 51.500 neuen Wohnung klar hinter dem Bedarf hinterher. Auf dem Büromarkt liegt der Neubau auf historischem Tiefststand, die Pipeline ist aber prall gefüllt. Bei den Einkaufszentren gibt es kaum Neueröffnungen, dafür aber Modernisierungen, Relaunches, Totalumbauten bzw. Erweiterungen bestehender Flächen bis hin zu Abriss und Neubau.
Reinhard Madlencnik, Head of Real Estate der Bank Austria (im Bild), führt die erneut gesunkenen Spitzenrenditen an, die z.B. im Bürobereich knapp die 4-Prozent-Marke erreicht hätten. Madlencnik weiter: „In Österreich gibt es im Immobilienbereich keinen Finanzierungsengpass. Der Wettbewerbsdruck hat daher zugenommen. Wir sind im Neugeschäft gut unterwegs, aber es wird nicht leicht, das Rekordvolumen des vergangenen Jahres in Höhe von 3,7 Milliarden Euro heuer wieder zu erreichen.“
Stabil mit kleinem Korrekturrisiko
„Dass Investoren am österreichischen Immobilienmarkt starkes Interesse haben, sieht man auch am Investitionsvolumen bei kommerziellen Immobilien“, analysiert Karla Schestauber, Immobilienanalystin der Bank Austria. Das Ergebnis des ersten Halbjahres 2016 lag mit rund 1,3 Milliarden Euro auf ähnlich hohem Niveau wie im Rekordjahr 2015. Da die zweite Jahreshälfte aber traditionell besser geht und einige große Deals in der Pipeline sind, sind die Aussichten gut, dass im Gesamtjahr 2016 mit 3,9 Milliarden Euro ein zumindest ähnlich hohes Investitionsniveau wie im letzten Jahr erreicht werden könne.
Die Gründe: Die Immobilienerträge liegen deutlich über dem, was zum Beispiel mit Staatsanleihen zu verdienen ist. Sowohl Investoren als auch Entwickler müssten sich bewusst sein, dass der Immobilienzyklus z.B. im Bürobereich mittlerweile zur Vorsicht mahne, so Madlencnik.
Wohnen: Ungleichgewichte
Im Wohnsegment steigen die Preise in Österreich ohne Wien von deutlich tieferen Niveaus stärker an als in Wien. Im vierten Quartal 2015 und im ersten Quartal 2016 sind die Eigentumswohnungen in Wien um durchschnittlich 5,2 Prozent und in den Bundesländern (ohne Wien) um durchschnittlich 9,3 Prozent teurer geworden, so die Immobilien-Experten.
„Es gibt laut Verband für gemeinnützige Bauvereine einen Neubaubedarf von etwa 60.000 Wohnungen pro Jahr bis 2020. Mit dem aktuellen Output von 51.100 neuen Wohnung pro Jahr in den letzten drei Jahren kann dieser Bedarf nicht gedeckt werden“, sagt Schestauber. „Auch wenn sich ein weiterer Anstieg der Wohnbauinvestitionen abzeichnet bleibt abzuwarten, ob das ausreichen wird, um die Ungleichgewichte am österreichischen Wohnungsmarkt zu bereinigen. Die Nachfrage nach leistbarem Wohnraum bleibt hoch.“
Büro-Neubau auf tiefem Niveau
Der Wiener Büromarkt zählt weiterhin zu den stabilsten Büromärkten in Europa und weist im Vergleich mit anderen europäischen Städten eine niedrige und im Premiumsegment sehr stabile Leerstandsrate auf. Eine vergleichsweise niedrige Neuproduktion von Büroflächen unterstützt diesen Trend. Die Neuproduktion von Büroflächen in Wien ist im Jahr 2015 gegenüber 2014 noch einmal von 144.000 m² auf nur mehr rund 115.000m² gesunken.
„2016 wird das Neubauvolumen voraussichtlich unter 60.000 m² liegen und damit einen historischen Tiefststand erreichen. Allerdings sind für die kommenden Jahre zahlreiche Projekte in Planung und teilweise auch schon in Bau, sodass spätestens ab 2017 wieder mit einer deutlichen Zunahme der Neubautätigkeit zu rechnen ist“, so Schestauber. Es sei davon auszugehen, dass sich der Druck auf alte Büroflächen verstärken werde.
Top-Einkaufszentren mauserten sich vom „place to shop“ zum „place to be“: Insgesamt standen den Einkaufswilligen in Österreich per Ende Juni 2016 rund 125 Shopping Center mit einer vermietbaren Fläche von rund 2,7 Millionen m² zur Verfügung. Im Vergleich zum Vorjahr entspricht dies einer Reduktion um zwei Shopping Center bei in etwa gleichbleibenden Gesamtflächen. Dies liege einerseits am hohen Sättigungsgrad mit Shopping Centern, andererseits werden die Bundesländer immer restriktiver bei der Vergabe von Baubewilligungen für Neu- und Ausbauprojekte.
Es braucht ein „Einkaufserlebnis“
Wien verfügte zum Halbjahr 2016 über 30 Einkaufszentren mit einer vermietbaren Fläche von rund 963.000 m². Die Shopping Center-Dichte pro 1.000 Einwohner lag bei rund 520 m² und hat sich damit gegenüber dem Vorjahr nicht verändert. Der Erhöhung durch einen mäßigen Flächenzuwachs steht ein überdurchschnittliches Bevölkerungswachstum in Wien gegenüber.
Bemerkenswert sei, dass alle sechs größten Einkaufszentren in Wien in den letzten fünf Jahren grundlegende Modernisierungen, Erweiterungen oder Relaunches durchgeführt haben bzw. gänzlich neu errichtet wurden. Treiber hinter dieser Entwicklung ist der Online-Handel und der Einfluss der neuen digitalen Konsumgesellschaft.