Ruinöser Preiswettbewerb in Bauwirtschaft
Ein schon ruinöser Preiskampf bemächtigt sich der Baubranche: Mehr als drei Viertel aller Betriebe des Bau- und Baunebengewerbes klagen über die starke Preiskonkurrenz, analysiert Walter Bornett, Direktor der KMU-Forschung, in seinem Gastkommentar.
Mit 628 eröffneten Insolvenzen liegt die Bauwirtschaft in der Insolvenzstatistik 2011 des Kreditschutzverbandes (KSV1870) auf dem unehrenhaften ersten Platz. Für viele dieser gescheiterten Unternehmen gilt wohl folgende Geschichte: Enormer Konkurrenzdruck und massiver Preiswettbewerb verhindern kostendeckende Preise. Daraus resultieren Verluste, die – je geringer die Eigenkapitalausstattung umso rascher – in die Insolvenz führen.
Fatale Überschuldung
Der Preiskampf ist vor allem auf eine relativ schwache Nachfrage zurückzuführen. So konnten laut KMU Forschung Austria z. B. im Baugewerbe lediglich 36 Prozent der Betriebe den Umsatz 2011 steigern und insgesamt lag das nominelle Wachstum der Branche bei bescheidenen 0,6 Prozent. Preisbereinigt ist der Branchenumsatz sogar um 0,7 Prozent gesunken. Auftraggeber mit „Geiz ist geil“-Mentalität oder deren oberste Priorität die Maximierung kurzfristiger Preisvorteile und nicht die langfristige Kosten-/Nutzen-Optimierung ist, tragen dazu bei, dass mehr als die Hälfte der Unternehmen die eingetretenen Kostensteigerungen nicht an die Kunden weiterverrechnen konnten. Im Branchendurchschnitt lag die Anpassung der Verkaufspreise mit +1,3 Prozent deutlich unter der allgemeinen Teuerungsrate (+3,3 Prozent ). Die Auswirkungen auf die Bilanzen der Unternehmen sind fatal: 35 Prozent der Betriebe arbeiten mit Verlust und 26 Prozent sind überschuldet.
Die Misserfolgs-Spirale
Unabhängig von der Nachfragesituation manövrieren sich jene Unternehmen in den Preiskampf, denen es nicht gelingt, ein Mindestmaß an Unverwechselbarkeit am Markt aufzubauen. Wenn als einziges Argument gegenüber Kunden der niedrigere Preis übrig bleibt, beginnt sich eine Misserfolgsspirale zu drehen: Schlechte Preise führen zu Verlusten, die Finanzierung des laufenden Geschäfts wird zum Hauptproblem, zur Aufrechterhaltung der Liquidität werden Aufträge zu jedem auch noch so schlechten Preis angenommen, weitere Verluste folgen, etc..
Resistenz durch Attraktivität
Die gute Nachricht: Rund ein Drittel der Unternehmen ist mehr oder weniger resistent gegenüber Schleuderpreisen der Mitbewerber. Zentraler Erfolgsfaktor dieser Top-Betriebe ist die größere Attraktivität. Die Attraktivitätsmerkmale reichen vom Leistungsspektrum über das Erscheinungsbild, die bessere Qualifikation und Motivation der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, eine intensivere und professionellere Beratung und Betreuung der Kunden bis zur generell positiven Einstellung des gesamten Teams.
Die größere Attraktivität ist der Motor einer Erfolgsspirale. Sie führt zu höheren Umsätzen und Roherträgen; diese bedeuten mehr Gewinn; mehr Gewinn bedeutet mehr Eigenkapital; mehr Eigenkapital heißt keine oder weniger Liquiditäts- und Finanzierungsprobleme und damit die Möglichkeit, rechtzeitig und in adäquatem Ausmaß in die Sicherung oder den Ausbau des Attraktivitätsvorsprungs investieren zu können.