Wohnraumbedarf lässt Büromarkt blass aussehen
Dank Bevölkerungswachstum und Zuzug in den Ballungsräumen bleibt die Nachfrage nach Wohnraum auch 2016 größer als das vorhandene Angebot. Viele Unternehmen konzentrieren sich deshalb vermehrt auf Projekte in diesem Segment, ein deutlicher Rückgang wird beim Neubau von Büros erwartet.
Für den Wiener Wohnungsmarkt, der in den vergangenen Jahren von steigenden Preisen und hohen Neubauzahlen geprägt war, gibt es auch für 2016 weiterhin positive Prognosen. Dies wurde sowohl von dem in Wien ansässigen Immobilienentwickler 6B47 als auch von verschiedenen österreichischen Immobiliendienstleistern bestätigt. "Die Stimmung ist rosarot,“ so kommentierte etwa Peter Ulm, Vorstandsvorsitzender von 6B47, die aktuelle Marktsituation bei der Jahrespressekonferenz des Unternehmens. Der Grund für die Euphorie: In den kommenden zehn bis 15 Jahren wird die österreichische Bevölkerung laut ersten Schätzungen um 200 000 Menschen wachsen, der Großteil davon wird sich in den Ballungsräumen ansiedeln und dort Wohnraum benötigen. Grund zur Freude für die Unternehmen des Immobiliensektors, denn die Wohnungsproduktion wird mit der gängigen Entwicklung über Jahre hinweg auf dem erreichten hohen Niveau stabil bleiben und der Markt somit weiterhin boomen, sind die meisten ExpertInnen überzeugt.
Middle und Low Cost Segment gefragt
Die Euphorie auf dem Wohnungsmarkt spiegelt sich auch in den Zahlen des vergangenen Geschäftsjahres vieler Projektentwickler wieder. So konnte 6B47 zum Beispiel, das Jahr 2015 mit einem 18-prozentigen Wachstum des Developmentvolumens und Rekordverkäufen äußerst positiv bilanzieren, auch EHL sieht die momentane Marktsituation als gute Chance für Wohnbauentwickler und Investoren. In Anbetracht der Prognosen für die nächsten Jahre gilt es für die Projektentwickler nun, dieses Wissen bei der Selektion neuer Projekte zu berücksichtigen. So will 6B47 zum Beispiel, zukünftige Wohnbauprojekte verstärkt im Middle und Low Cost Segment des Marktes ansiedeln.
Nachfrageüberhang nutzen
Um möglichst von der großen Nachfrage nach Wohnraum zu profitieren, hat sich 6B47 das Ziel gesetzt, jedes Jahr mindestens 300 neue Wohnungen im Großraum Wien mit Quadratmeterpreisen zwischen 3000 und 3500 Euro fertigzustellen. Dafür wird verstärkt nach "guten, innerstädtischen, und leistbaren Grundstücken und Immobilien gesucht", so Ulm. Im ersten Halbjahr 2016 startet das Unternehmen mit dem Bau von Projekten mit einem Gesamtvolumen von 110 000 m² – ein Großteil davon Wohnungen. Ein Beispiel dafür ist der Umbau eines alten Bürohauses in der Wiener Nordbahnstrasse, bei dem 256 neue Apartments entstehen sollen. Peter Ulm sieht verstärkte Investitionen im Wohnungssegment als logischen Schritt um das Wachstum seines Unternehmens zu sichern, denn "Nachfrage und Verkauf übertreffen regelmäßig die Erwartungen.“
Der Büromarkt schrumpft
Während am Wohnungsmarkt eine gute Stimmung herrscht, stellt EHL dem Bürosegment eine eher triste Prognose: Laut Einschätzung der ExpertInnen wird die Büroflächenproduktion in Wien gegenüber dem niedrigen Vorjahresniveau nochmals um mehr als 50 Prozent sinken und mit nur 60.000 m² auf den niedrigsten Stand seit mehreren Jahrzehnten fallen. Bemerkenswert ist auch, dass an Hochhausstandorten immer öfter Wohnhochhäuser statt Bürotürmen entstehen und dass ursprünglich für Büros vorgesehene Türme regelmäßig für Wohnungen umgeplant werden. So arbeiten die 6B47-ArchitektInnen etwa gerade fieberhaft an den Bauplänen für einen Wohnturm, der im Frankfurter Europaviertel, einem der größten innerstädtischen Konversionsprojekten Deutschlands das Wohnraum für 15.000 Menschen schaffen soll, entstehen wird.