Marktnische: 600 Tankstellen-Gründe suchen neue Nutzung
Tankstellen-Sterben bei den Mineralöl-Konzernen: Alleine in Wien sollen rund 135.000 Quadratmeter Grundstücksflächen frei werden. Skepsis wegen möglicher Kontaminationen soll durch weitgehende Garantien entkräftet werden.
Die Mineralöl-Konzerne sind auf dem Rückzug: Längst rechnen sich die verzweigten Vertriebsnetze von OMV und Co nicht mehr, schon seit Ende der achziger Jahre schließen die Tankstellen ihre Zufahrten. Das eigentliche große Geschäft ist die Raffinierung. Aktuell kann in Österreich noch bei rund 2.600 getankt werden, in fünf bis sieben Jahre, so schätzen Wolfgang Schmitzer und Karl Schiretz, sind nur noch 2.000 davon übrig.Und die beiden Partner der Side Projekt Immobilienmanagement GmbH sollten es wissen, kommen sie doch eigentlich aus dem Business mit schwarzen Gold. Jetzt sind sie auf die Verwertung der Tankstellen-Liegenschaften spezialisiert - und düften eine recht vielversprechende Nische besetzt haben: "Alleine in Wien könnten durch das Tankstellensterben geschätzte 135.000 Quadratmeter Grundstücksflächen frei werden", stellt Schmitzer in Aussicht.
Sorge Kontermination
Und es soll für Verkaufer wie Kaufer ein gutes Geschäft winken. Der Grund dafür steckt im Erdreich und der verständlichen Sorge potentieller Ankäufer vor Kontamination. Viele Tankstellen - und auch deren Tanktechnik sind nicht am letzten Stand. Mehrfach dürfte die Skepsis berechtigt und Öl aus den Tanks ausgetreten sein. Diese Sorge wird von den Konzernen komplett übernommen, beruhigen die Vermittler von Side Projekt. Vertraglich vereinbart sind Prüfungen des Bodens sowie Garantie der Kostenübernahme, sollte trotzdem Erdreich verunreinigt sein. Und dem Zweifel entsprechend versprechen die Grundpreise niedrig zu bleiben, "wobei der Kaufpreis auch die Grenze für die Dekonterminations-Kosten ist", erklärt Side Projekt-Jurist Dominik Baurecht.
Gute Lage, hohe Frequenz
Was in jedem Fall für die, im Idealfall unbelastete Liegenschaften spricht: Die gute Lage mit meist hoher Frequenz. Inzwischen kann Side Projekt auf etliche, erfolgreich abgewickelte Projekte auf ehemaligen Tankstellen-Gründen verweisen (siehe Galerie unten). Störte etwa am Standort Simmeringer Hauptstraße vor einiger Zeit noch eine stillgelegte Tanke das Ortsbild, bereichert nun eine farbenfrohe Wohnhausanlage der GESIBA den 11. Bezirk mit 116 geförderten Wohnungen. Noch idealer die Nachnutzung einer Tankstelle an der Jedlerseer Straße durch ein Autohaus samt Werkstatt.
Ein kompletter Abschied der Mineralöl-Konzerne ist freilich nicht zu erwarten. Einige Standorte werden zu Automaten-Tankstellen umgerüstet, deren Betrieb um einiges günstiger kommt. "Und auch zahlreiche Hochfrequenz-Standorte werden bleiben - egal mit welcher Energie wir in 20-30 Jahren fahren", blickt Schiretz in die Zukunft. Vorausgesetzt es wird noch gefahren.