Immofinanz wehrt sich gegen Sammelklage
Es geht um mehr als eine halbe Milliarde Euro: Jetzt hat das Wiener Handelsgericht Schadenersatzverfahren von 3500 Anlegern in einer Sammelklage zusammengefasst. Der Vorwurf gegen die Immofinanz: Anlagebetrug, Kursmanipulation und Wertminderung der AGs.
Weltwirtschaftskrise 2008, die Immobilienblase platzt, Aktienkurse fallen. Auch die Aktienkurse der Immofinanz und der Immoeast stürzen massiv ab und bringen Anleger um ihr sauer verdientes Geld. Geld, dass sie bis heute in diversen Schadenersatzverfahren von der Immofinanz, deren Töchter Immoeast (heute Imbea) und der Aviso Zeta AG, der Bad Bank der früheren Constantia Privatbank, zurückfordern. Die Finanzmarktaufsicht ermittelt wegen illegaler Kursmanipulation und erstattet Strafanzeige wegen Bilanzfälschung bei der Constantia, die Staatsanwaltschaft leitet Ermittlungen ein, gegen Ex-Chef Karl Petrikovics läuft ein Strafverfahren. Es geht um Untreue – und es gilt natürlich für alle Beteiligten die Unschuldsvermutung.
Streitwert aller Klagen: 584,8 Millionen Euro
Laut dem Geschäftsbericht der Immofinanz 2011/2012 laufen 807 Klagen gegen die Immofinanz und die Imbea, 78 Klagen gegen Immoeast/Imbea und 2.091 Verfahren gegen die Aviso Zeta. Insgesamt wird um 584,8 Millionen Euro gestritten. Die meisten Fälle betreffen den Kauf von Immofinanz- und Immoeast-Aktien. Die Vorwürfe der Kläger: Constantia Privatbank, Immofinanz und Immoeast sollen in den Jahren 2004 bis 2008 den Kurs der Aktien der Immofinanz sowie Immoeast gemeinschaftlich manipuliert haben. "Die Kurse wurden künstlich zu Lasten der Investoren in die Höhe getrieben, welche weit überhöhte Erwerbspreise für die Aktien bezahlten und schließlich erhebliche Verluste erlitten", heißt es in der Klagschrift. Auch der Net Asset Value sei durch Wertevernichtung verringert worden und die Gesellschaften massiv entreichert worden.
160 der Schadenersatzverfahren von rund 3500 Anlegern hat nun das Wiener Handelsgericht in einer Sammelklage zusammengefasst. Die Immofinanz Group ist gegen diese Zusammenlegung, weist alle Vorwürfe der Kläger zurück und hat ihre Position zu den Inhalten der Anlegerklagen dargelegt (siehe pdf-Dateien im Kasten, links). Dazu Josef Mayer, Leiter der Rechtsabteilung der Gruppe: "Die kürzlich eingebrachte Replik stellt unsere Rechtsmeinung in den laufenden Anlegerverfahren eindeutig und umfassend dar. Wir gehen davon aus, dass das Handelsgericht Wien unsere Sichtweise teilen und in unserem Sinne entscheiden wird."
Eduard Zehetner, Vorstandsvorsitzender der Gruppe, rechnet nicht mit einem schnellen Verfahren: "Die Zivilklagen gegen das letzte Management ruhen, die Richter warten bequemerweise auf den Ausgang des Strafverfahrens. Das wird sich noch über Jahre hinziehen, YLine ist nach elf Jahren immer noch ohne Anklage."
Gericht: Externe Finanzdienstleister in der Pflicht
In einem aktuellen Urteil hat das Wiener Bezirksgericht für Handelssachen Ende September 2012 bestätigt, dass Beratungsfehler externer Berater nicht der Immofinanz AG zuzurechnen sind. Die Schadenersatzpflicht trifft ausschließlich den externen Finanzdienstleister – im vorliegenden Fall erfolgte eine Falschberatung des Anlegers durch den AWD. Die fehlerhafte Beratung durch einen Mitarbeiter des Finanzdienstleistungsunternehmens ist nach der herrschenden Rechtssprechung nicht der Bank (Constantia Privatbank AG; Anm.) zuzurechnen.
(Update vom 1. Oktober 2012)