Örag-Chef sieht Krise zweischneidig
Branchenexperte Stefan Brezovich sprach im WirtschaftsBlatt-Interview über die aktuelle Entwicklung in Österreich und über die Trendwende am Büromarkt
Die Auswirkungen der Krise auf Österreichs Immobilienmarkt gehen in zwei völlig unterschiedliche Richtungen, sagt Stefan Brezovich, der als Chef der Hausverwaltungs- und Maklerfirma Örag Kunden wie die private Wlaschek-Gruppe, die Wünstenrot-Versicherung und die UniCredit betreut. Die Krise sei weder schwarz noch weiß zu sehen, sondern es sei zu differenzieren zwischen indirekten Immobilienveranlagungen, deren Image geschädigt sei und zwischen direkten Investments, also Immokäufen, die gerade in schwierigen wirtschaftlichen Phasen an Bedeutung gewinnen würden.
Die Zeiten, wo Aktien gefragt sind, mit denen Leute Anteile an Liegenschaften erwerben können, die tausende Kilometer entfernt irgendwo im fenen Ländern liegen, sind vorerst vorbei. Statt dessen geht der Trend hin zu Gebäuden, die in der Nähe sind, die die Leute sehen und angreifen können. Es findet damit sozusagen eine Besinnung auf die wahren Werte statt, sagt Brezovich. Nachdem sich international gezeigt habe, dass auch Banken nicht frei von Risiko sind, würde Grund und Boden an Bedeutung gewinnen. Brezovich: Das Thema Sicherheit hat sich sehr relativiert und Liegenschaften haben mittlerweile ein sichereres Image als manche Banken.
Liquidität gesichert
Es gäbe trotz Krise genügend Leute, die über Liquidität verfügen. Diese hätten 2008 zwar aufgrund der Unklarheit der Lage mit Investments abgewartet, nun beginne jedoch die Nachfrage anzuspringen. Es handle sich dabei vor allem um Private und Stiftungen. Der Immomarkt sei daher nicht tot, sondern funktioniere. Die Gebäude seien durch die Krise nicht schlechter geworden, der Grund, warum viele Immo-Bilanzen negativ ausfallen, liege eher an dem bedenkenlosen Wachstumskurs und an den damit zusammenhängenden Portfolio-Aufwertungen, sagt der Örag-Chef.
Dahinter sei die in den Boomjahren gängige Ansicht gestanden, dass Immofirmen pro Jahr zehn Prozent erwirtschaften könnten, und das ohne Risiko. Brezovich: Das hat sich als falsch herausgestellt, und jetzt setzt sich die auch schon vor den Boomjahren geltende, vernünftige Meinung durch, wonach vier bis fünf Prozent Rendite pro Jahr nicht langweilig, sondern gut und angemessen sind.
Übrigens habe sich in Zuge der Krise die Nachfrage am Büromarkt geändert, sagt Brezovich. Vor allem mittelständische Firmen seien erstmals seit Langem bereit bei Büros gewisse Nachteile wie etwa schlechtere Verkehrsanbinung in Kauf zu nehmen, wenn dafür der Mietpreis entsprechend günstig ist.