© Bernhard Wolf

Planer haben gesellschaftlichen Auftrag

Energiearmut, steigende Mieten und Baukosten - Phänomene, denen es gilt, entgegen zu wirken. Eine Expertenrunde ist sich einig, dass vor allem Normen und Richtlinien überarbeitet werden müssen.

Teures Wohnen und Energiearmut - aktuelle Phänomene, mit denen sich auch die Bauwirtschaft beschäftigt. Denn wenn sich immer mehr Menschen das Heizen nicht mehr leisten können, dann besteht Handlungsbedarf, waren sich Experten bei der Podiumsdiskussion zum Thema "Zu arm um nachhaltig zu wohnen?", organisiert von der Bundeskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK), einig.


Wohnkostenanteil steigt

Tatsächlich ist der Wohnkostenanteil an den Konsumausgaben laut Österreichischem Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO) zwischen 2005 und 2010 um sieben Prozent gestiegen. "Dabei haben die Mietpreise den größten Zuwachs, während der Energiekostenanteil mit etwa fünf Prozent relativ konstant geblieben ist", sagt Angela Köppl vom WIFO. "Die Baupreise sind im Vergleich zum Verbraucherpreisindex seit 2006 deutlich stärker angestiegen."


Rahmenbedingungen für leistbares Wohnen

Christian Aulinger, Bundesvorsitzender der Architekten (bAIK) sieht in kostengünstigem Bauen eine Lösung, damit Wohnen wieder leistbar wird und fordert: "Wir brauchen Rahmenbedingungen, die uns Bewegung erlauben, planerische Entscheidungen zu machen – wir brauchen kein Korsett aus verschiedenen Regulativen."


Nach Wolfgang Liebl, Geschäftsführer der Gemeinnützigen Wohnungs- und Siedlungsgenossenschaft Amstetten, leben 22 Prozent der österreichischen Haushalte in gemeinnützigen Wohnbauten. Wohnbauförderungs-Zusicherungen im Neubau seien gesunken, geförderte Sanierungsinvestitionen gestiegen. Kritik übt Liebl an privaten Mieten, diese seien kaum bis gar nicht geregelt. Bezüglich steigender Baukosten, ortet Liebl Einsparungspotenzial von rund 340 Euro pro Quadratmeter - 55 Prozent davon aus der Überarbeitung von Normen und Richtlinien, 45 Prozent aus den energetischen Standards der Wohnbauförderung.


Ökologisch Bauen nicht kostenoptimal

Walter Hüttler, Geschäftsführer der e7 Energie Markt Analyse GmbH, ergänzt: "Niedrigstenergiegebäude, Passiv- und Plus-Energie-Häuser sind zwar technisch machbar und praxistauglich, aber nicht kostenoptimal. Die höheren Investitionskosten beim Passivhausstandard werden im Durchschnitt nicht durch geringere Kosten im Betrieb kompensiert, sondern durch Förderungen.“


Wohnen und Parken trennen

Architektin Ursula Schneider schlägt praxisnahe Lösungen für die Bekämpfung der Armut durch hohe Wohnkosten vor und fordert eine Trennung von Wohnen und teuren Stellplätzen. „Der Autobesitzer muss den Stellplatz nachweisen, nicht die Wohnung“. Und nach Angela Köppl vom WIFO soll Energiekostenersparnis durch Sanierung im Fokus stehen, da vor allem die einkommensschwache Bevölkerung in unsanierten und uneffizienten Gebäuden wohnen. "Die Erwartung an das ökologische Bauen ist die Berücksichtigung von sozialen Themen," sagt Köppl.


Spielräume öffnen

Einig sind sich die Experten darüber, dass die Politik, Wohnbauträger sowie Individuen in die Pflicht genommen werden sollen und fordern, dass Subventionen und Förderungen überdacht sowie Regulative evaluiert und gelockert werden. Außerdem wollen sie die Einführung einer CO2-Steuer, eine konsequente Umsetzung von Forschungsergebnissen und auch das Hinterfragen eines überzogenen Lebensstils. Aulinger: „Spielräume müssen aufgemacht werden und eine Verhandlungsbereitschaft über Ziele und für den Bereich des Gestaltens und des Planes geschaffen werden. Als Planer hat man einen gesellschaftlichen Auftrag.“

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Datum: 02.07.2013

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