Experten fordern Zwang zur Sanierung für Alle
Haus- und Wohnungseigentümern droht ein tiefer Griff in die Geldbörse: Weil die Förderaktion zur thermischen Sanierung bei Privaten nicht ankommt, fordern Experten eine härtere Vorgangsweise - eine Zwangsverpflichtung für Alle.
Die thermische Sanierungsrate sinkt, Haus- und Wohnungseigentümer scheinen immun gegen finanzielle Anreize, wie dem Sanierungsscheck zu sein, die Strafzahlungen wegen dem verfehlten Kyoto-Ziel steigen ins unermessliche. Bauwirtschafts-Expertin Margarete Czerny von der Donau Uni Krems fordert härtere Maßnahmen: "Um weitere Strafzahlungen wegen dem verfehlten Kyoto-Ziel zu verhindern, halte ich eine Zwangsverpflichtung für wichtig." Czerny kann sich auch die Einführung einer "Mindestrücklage für thermische Sanierung" vorstellen, um die privaten Sanierungsinvestitionen im Geschoßbau zu forcieren: "Ein gesetzlich festgelegter Mindestbeitrag von etwa 50 Cent bis 1,50 Euro pro Quadratmeter und Monat wäre hier zielführend, um für künftige Sanierungsmaßnahmen Kapital für Sanierungsinvestitionen des Gebäudebestandes zur Reduktion von CO2–Emissionen anzusparen. Dafür wären aber Änderungen im Wohnungseigentumsgesetz erforderlich."
Einer Zwangsverpflichtung kann auch Clemens Demacsek einiges abgewinnen. Der Geschäftsführer der Güteschutzgemeinschaft Polystyrol-Hartschaum möchte allerdings erst "alle Möglichkeiten positiver Anreize ausschöpfen, bevor wir über verpflichtende Maßnahmen wie in Deutschland nachdenken".
Sanierungs-Potenzial: 500.000 Einfamilienhäuser
Laut Klimastrategie der Bundesregierung soll die thermisch-energetische Sanierungsrate im Gebäudebestand auf drei Prozent steigen. Insgesamt ist die Sanierungsrate in den Jahren 2008 bis 2010 allerdings nur geringfügig von einem Prozent auf 1,2 Prozent gestiegen. Im gemeinnützigen Wohnbau und bei Gemeindebauten liegt die Sanierungsquote bei drei bis fünf Prozent, im privaten Bereich der Einfamilienhäuser und Eigentumswohnungen nur unter einem Prozent. Dabei liegt hier das größte Potenzial: Rund 500.000 Ein- und Zweifamilienhäusern müssen noch saniert werden. Um die Eigentümer dieser Häuser zur thermischen Sanierung zu bewegen, bedarf es höherer monetärer Anreize als die derzeitige Förderung, sagt der Generaldirektor der Raiffeisen Bausparkasse, Manfred Url: "Wir brauchen mehr Information über das Thema, um Betroffenheit zu erzeugen und wir brauchen einen entsprechenden finanziellen Anreiz, um die hohen Kosten für die Eigentümer abzufedern." Url fordert eine Förderung von 30 Prozent der Investitionssumme, statt der jetzigen 20 Prozent.
Sanierungsscheck läuft zäh
War der Sanierungsscheck im Jahr 2009 erfolgreich gestartet – die Fördersumme von 61 Millionen Euro war innerhalb von drei Monaten ausgeschöpft, gestaltete sich die Nachfrage im Jahr 2011 schon zäher: Das reservierte Fördervolumen von 70 Millionen Euro wurde innerhalb von zehn Monaten ausbezahlt. Auch heuer soll die Nachfrage verhalten sein. Url macht hierfür die Komplexität der Materie, die Förderungs-Voraussetzungen sowie den hohen organisatorischen Aufwand für den Einzelnen verantwortlich.
Durch das Sparpaket und die bevorstehenden Einsparungen bei der Wohnbauförderung fehlen laut Czerny rund zwei Milliarden Euro pro Jahr an Finanzierungsmittel, um die bedarfsgerechte Wohnbauleistung zu finanzieren. Den Bausparkassen wurde mit der Kürzung der Bausparprämien der Finanzierungsspielraum eingeschränkt und auch am internationalen Kapitalmarkt sind kaum günstige Finanzierungen für die thermische Sanierung und den Wohnbau zu bekommen. Nachdem sich die Sanierungsrate aus diesen Gründen kaum erholen kann, wird eine Zwangsverpflichtung immer wahrscheinlicher.