© Heid Schiefer

Vergabeverfahren: Neue Gebühren drohen!

Die Bundesregierung hat eine neue Verordnung zur Höhe der Gebühren für Anträge an die Vergabekontrollbehörde des Bundes, das Bundesvergabeamt, erlassen. Bei der Festlegung „erhöhter Gebührensätze“ war man besonders kreativ.

Die Bundesregierung hat eine neue Verordnung zur Höhe der Gebühren für Anträge an die Vergabekontrollbehörde des Bundes, das Bundesvergabeamt, erlassen (Bundesvergabeamt-Gebührenverordnung 2012, BGBl II Nr 130/2012). Bei der Festlegung „erhöhter Gebührensätze“ war man besonders kreativ.

Basissätze der neuen Gebührenverordnung

Die pauschalen Gebührensätze gemäß § 1 der neuen Verordnung, die mit 13.4.2012 in Kraft getreten (und daher auf alle Nachprüfungsverfahren, die ab diesem Zeitpunkt eingeleitet wurden, anwendbar) ist, wurden nur moderat erhöht bzw „aufgerundet“. So kostet ein Antrag auf Nichtigerklärung der Zuschlags-Entscheidung nunmehr...

• bei Bauaufträgen im Unterschwellenbereich gesamt 4.500 Euro (3.000 Euro für den Nichtigerklärungsantrag selbst, dazu 1.500 Euro für den Antrag auf einstweilige Verfügung – halber Gebührensatz für einstweilige Verfügungen gemäß § 318 Abs 1 Z 4 BVergG),
• im Oberschwellenbereich gesamt 9.000 Euro (6.000 plus 3.000 Euro).
Anträge auf Anfechtung der Ausschreibungsunterlagen kosten nur 25% davon (§ 3 Abs 1 der Verordnung); weiters gibt es gemäß § 318 BVergG noch gesonderte „Rabatte“ für Folgeanträge im selben Vergabeverfahren.

Erhöhte Gebührensätze

Wirklich interessant wird die Verordnung in ihrem § 2, wenn es um „erhöhte Gebührensätze“ geht. Auf den ersten Blick harmlos klingend, setzt die Verordnung dann, wenn der geschätzte Auftragswert den EU-Schwellenwert um mehr als das 10fache übersteigt, die dreifache Pauschalgebühr fest (Abs 1); und sogar die sechsfache Pauschalgebühr, wenn der geschätzte Auftragswert das 20fache des EU-Schwellenwerts übersteigt (Abs 2).

Zunächst fällt daran auf, dass sich ein Bieter vielleicht etwas schwer tun wird, die Pauschalgebühr, die er nach den Bestimmungen des BVergG vollständig vor der Antragseinbringung bezahlen und deren Bezahlung er mit dem Antrag nachweisen muss, zu ermitteln; denn üblicher Weise legt der Auftraggeber (meist aus guten Gründen) den geschätzten Auftragswert nicht in der Ausschreibung offen.

Der Höhe nach bedeutet die Bestimmung, dass bei einem geschätzten Auftragswert über 50 Mio. Euro die Pauschalgebühr für die Anfechtung der Zuschlagsentscheidung 27.000 Euro beträgt (18.000 Euro für den Nichtigerklärungsantrag, 9.000 Euro für die einstweilige Verfügung); bei einem geschätzten Auftragswert über 100 Mio Euro den doppelten Betrag, also gesamt 54.000 Euro!

Fast generös, möchte man sagen (in Wahrheit aber durch die Judikatur des Verfassungsgerichtshofs erzwungen), ist der (auch bisher schon geltende) gnädige Verzicht auf einen Großteil dieser erhöhten Gebühren im Falle der Vergabe eines Loses: Dann ist die Höhe der Pauschalgebühr nicht nach dem gesamten geschätzten Auftragswert zu bestimmen, sondern nur nach dem Loswert (Abs 4).

Praxistipp?

Als „Praxistipp“ bietet sich angesichts der Judikatur des Verfassungsgerichtshofs und auch der in der Vergangenheit behaupteten Absicht des Gesetzgebers, dass Pauschalgebühren den durchschnittlichen Aufwand der Behörde abdecken sollen, im Anlassfall ein Nachdenken über eine mögliche Anfechtung der „erhöhten Gebührensätze“ wegen Verfassungswidrigkeit an. Die Komplexität der Verfahren steigt keinesfalls so deutlich, wie dies die Gebührenverordnung mit diesen erhöhten Sätzen suggerieren will, mit einem höheren Auftragswert; und schon gar nicht lässt sich die lineare Erhöhung der Gebührensätze auf das Doppelte für die Steigerung von Auftragswerten zwischen 50 und 100 Mio Euro argumentieren.

Letztlich stelle man sich anhand der erwähnten Grundlinie (Gebühren sollen im Verhältnis zum Aufwand stehen) vor, dass das Bundesvergabeamt unter marktwirtschaftlichen Kriterien seine Leistungen anbieten und verkaufen müsste; etwa, weil es eine Konkurrenzbehörde gäbe, mit der es im Wettbewerb stünde (dass dies aus rechtsstaatlichen Gründen auch nicht annähernd das Gelbe vom Ei ist, bleibe um des Vergleichs willen einmal dahingestellt): Welcher Kunde würde eine solche Preiskurve akzeptieren?

AutorIn:
Datum: 26.04.2012

Inspiration & Information abonnieren - mit dem wohnnet Newsletter

Weitere Artikel aus dem Channel Politik und Recht

alexandre zveiger/stock.adobe.com

Politik und Recht

Novelle macht hohe Leerstandsabgaben möglich

Lange wurde sie gefordert, jetzt ist sie da: Der Bund macht mit einer Gesetzesnovelle den Weg für eine ...

ACE

Politik und Recht

EU-Manifest für gute Architektur

Am 9. Juni finden die EU-Wahlen statt. Das nimmt der Architects' Council of Europe (ACE) zum Anlass, die Mitglieder ...

ThomBal/stock.adobe.com

Politik und Recht

Zwei Milliarden für den Wohnbau

Mit einem umfassenden Baupaket will die Regierung die Baukonjunktur ankurbeln und gleich mehrere Probleme im Wohnbau ...

Amy Benton Blake/unsplash.com

Politik und Recht

Mieterschutz in der Corona-Krise: Bundesländerblick

Die andauernde Pandemie macht deutlich, wie wichtig das eigene Zuhause als sicherer Rückzugsort ist. Was aber, wenn ...

Agatha Kadar/shutterstock.com

Politik und Recht

Risiken eindämmen: Rechte & Pflichten von Bauunternehmen

Zahlreiche gesetzliche Maßnahmen, Gesetze und Verordnungen regeln die Zusammenarbeit von General- und Subunternehmen ...

Radu Bercan/shutterstock.com

Politik und Recht

Wiener Wohnungsmarkt: Kritik und Optimismus

Neue Bauordnung, Stellplätze, Lagezuschläge. Eine Reihe zentraler Themen der privaten Immobilienwirtschaft wurden ...

Pand P Studio/shutterstock.com

Politik und Recht

Neu: Praxisgerechte QuickInfo für alle Bau-Akteure

Die Bauordnungen in Österreich variieren von Bundesland zu Bundesland, eine nationale Patentlösung kann nicht ...

Alena Salanovich/shutterstock.com

Politik und Recht

Starke Bilanz: Mietervereinigung erkämpfte Millionen

2018 konnte die Mietervereinigung allein in Wien knapp drei Millionen Euro für ihre Mitglieder erstreiten. Das ...

wohnnet.at

Politik und Recht

Gaal: „Sozialen Wohnbau langfristig absichern“

Kathrin Gaal leitet seit Ende Mai das Wohn- und Frauenressort der Stadt Wien: Kernpunkte ihrer Agenda – leistbares ...