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Immobilien aus Versteigerungen

Immobilien können auch außerhalb eines Gerichtverfahrens freiwillig versteigert werden. Von wem die vormals gerichtliche Versteigerung durchgeführt werden darf, wie sie abläuft und für wen sich diese Form des Immobilien(ver)kaufs lohnt, erfahren Sie bei uns.

Bereits seit einigen Jahren können Eigentümer ihr Haus freiwillig versteigern. Grund dafür ist das Feilbietungsrechtsänderungsgesetz, das seit 1.1.2009 gilt. Das Gesetz erlaubt Eigentümern einer Liegenschaft oder eines Superädifikats, einen Notar, Rechtsanwalt, Immobilienmakler oder ein Auktionshaus mit der öffentlichen Versteigerung zu beauftragen. Ziel der Neuerung sollte sein, sowohl für Verkäufer als auch Käufer eine attraktive Alternative zum herkömmlichen Verkauf von Liegenschaften, Superädifikaten und Baurechten zu schaffen.

Wer darf Immobilien versteigern?

Früher wurde das Feilbietungsverfahren vom Gericht beauftragt und von einem Notar als Gerichtskommissär durchgeführt. Mit der Neuregelung wurde es aus dem gerichtlichen Verfahren ausgegliedert und an Notare übertragen. Berechtigt sind allerdings nicht ausschließlich Notare: Auch Rechtsanwälte oder befugte Gewerbetreibende, etwa Makler, können mit freilwilligen Versteigerungen beauftragt werden. In diesem Fall beschränkt sich die Rolle des Notars auf die öffentliche Bekanntmachung der Versteigerung, die Prüfung der Feilbietungsbedingungen sowie die Protokollierung der eigentlichen Versteigerung.

Wann und wo muss die Versteigerung öffentlich gemacht werden?

Ähnlich wie eine Zwangsversteigerung muss auch eine freiwillige öffentliche Versteigerung vom Notar in der vom Justizministerium eingerichteten Ediktsdatei öffentlich bekannt gemacht werden, und zwar mindestens drei Wochen vor dem Versteigerungstermin. Die Bekanntmachung der Versteigerung hat die Bezeichnung des Versteigerungsobjekts, das Mindestgebot, Ort und Zeit der Versteigerung sowie der Besichtigung zu enthalten. Neben den Edikten (= gerichtliche Bekanntmachung von Versteigerungen) werden außerdem häufig Schätzgutachten, Bilder, Lagepläne sowie Grundrisse von den zu versteigernden Objekten in der Ediktsdatei zur Verfügung gestellt.

Was sind Feilbietungsbedingungen?

Der Verkäufer legt Bedingungen vor, zu welchen die Liegenschaft versteigert werden soll. Erstellt werden können diese Feilbietungsbedingungen zum Beispiel von Rechtsanwälten, nicht aber von Notaren, die mit der Versteigerung beauftragt sind. Der Veräußer der Immobilie und sämtliche Interessenten müssen sich dann den Versteigerungsbedingungen unterwerfen, das heißt, sie vor der Versteigerung unterschreiben. Die Feilbietungsbedingungen enthalten neben dem geringsten Gebot alle wesentlichen Elemente eines Kaufvertrags, einschließlich der Bestimmungen zur Abwicklung und grundbücherlichen Durchführung. Als Eigentümer verfügt man über einen weiten Spielraum, was die Feilbietungsbedingungen betrifft. Zu beachten ist jedoch, dass zu restriktive Bedingungen, wie etwa sehr eingeschränkte Gewährleistungen, sich negativ auf den Versteigerungserlös auswirken können.

EXIT-Möglichkeit für Verkäufer

Solange kein gültiges Angebot abgegeben wurde, kann der Eigentümer seinen Auftrag zur Versteigerung zurückziehen. Er kann sich aber auch die Genehmigung des Verkaufs auf bestimmte Zeit vorbehalten, vorausgesetzt, er hat darauf bereits in der Bekanntmachung in der Ediktsdatei hingewiesen.

Wie läuft eine öffentliche Versteigerung ab?

Nach der Belehrung erfolgt die Ausrufung durch den Versteigerer. Jeder Bieter ist an sein abgegebenes Angebot solange gebunden, bis ein höheres Angebot abgegeben wird. Erst wenn nach zweimaliger Aufforderung kein höheres Angebot abgegeben wird, wird dem Meistbietenden der Zuschlag erteilt und die Versteigerung geschlossen. Im Unterschied zur gerichtlichen Versteigerung erwirbt der Meistbieter das Eigentum nicht durch Zuschlag, sondern durch Eintragung im Grundbuch. Für die Grundbuchseintragung ist eine Amtsbestätigung vom Notar erforderlich, der eine beglaubigte Abschrift der Feilbietungsbedingungen anzuschließen ist. Aufgrund der klaren Feilbietungsbedingungen muss dann kein eigener Kaufvertrag mehr gemacht werden.

Wie hoch sind die Kosten und wer trägt sie?

Die Kosten der freiwilligen Versteigerung trägt grundsätzlich der Eigentümer, wobei in den Versteigerungsbedingungen geregelt werden kann, dass der Meistbieter dem Verkäufer die Kosten ersetzen muss. Die Kosten setzen sich wie folgt zusammen:

  • Grunderwerbssteuer: Die Grunderwerbsteuer und die Eintragungsgebühr belaufen sich, wie bei einem normalen Kauf auch, auf jeweils 3, 5 Prozent und 1, 1 Prozent.  Berechen Sie hier mit unserem Kaufnebenkosten-Rechner die möglichen Kosten beim Immobilienerwerb.
  • Notarkosten: Während bei einer Zwangsversteigerung die Notarkosten gänzlich entfallen, errechnet sich die Gebühr für den Notar bei einer freiwilligen Feilbietung auf Grundlage des Notariatstarifgesetzes und ist abhängig vom Erlös. Wenn es nicht zum Verkauf kommt, vom halben Ausrufpreis. Die Berechnungsformel ist komplex (Details in § 20a Abs 1 Notariatstarifgesetz). Maximal können 9682, 80 Euro anfallen. Die Gebühr umfasst die Durchführung der freiwilligen Feilbietung und deren Beurkundung. Übernimmt der Notar die grundbücherliche Durchführung, so erhöht sich die Gebühr noch einmal um die Hälfte. Nicht inkludiert sind die Erstellung der Feilbietungsbedingungen und die Bekanntmachung in der Ediktsdatei.
  • Honorar für Organisator: Neben dem Honorar für den Notar fallen Kosten für den Organisator an, also Kosten für den mit der Durchführung der Versteigerung beauftragten Rechtsanwalt, Immobilientreuhänder oder für das Auktionshaus. Diese werden in der Regel individuell vereinbart, orientieren sich jedoch an den für Immobilientransaktionen üblichen Sätzen.
  • Verkehrswertgutachten (optional): Ein Verkehrswertgutachten ist nicht zwingend vorgeschrieben, ist aber im Hinblick auf die Bestimmung des Ausrufpreises und die Vertrauensbildung bei potentiellen Bietern empfehlenswert.

Wann hat eine Immobilien-Auktion Sinn?

Eine freiwillige öffentliche Versteigerung kommt nur für eine überschaubare Anzahl von Personengruppen in Frage. Häufig spielt dabei der Wunsch nach höchstmöglicher Transparenz eine Rolle. Ein Beispiel wäre eine zerstrittene Erbengemeinschaft oder Organisationen, die der Öffentlichkeit Rechenschaft schulden. Vorteilhaft kann die freiwillige Feilbietung auch bei Liegenschaftstransaktionen sein, die mit einem Vorkaufsrecht belastet sind. Manche Eigentümer entscheiden sich für eine freiwillige Feilbietung bevor es zur Zwangsversteigerung kommt, weil sie günstiger ist und schneller über die Bühne geht.

Meist werden Liegenschaften im höheren Preissegment (zwei bis fünfzehn Millionen) versteigert. Freiwillige Versteigerungen sind laut Michael Lagler von Schönherr Rechtsanwälte vor allem bei Liegenschaften wie etwa Zinshäusern ein beliebtes Verfahren, ersparen sich die Parteien doch langwierige Vertragsverhandlungen. Ob der Verkäufer den höchstmöglichen Preis erzielt, hänge von der Zusammensetzung und dem Zusammenspiel der Bieter ab, so Langler. Bewährt habe sich das Verfahren auch bei der gleichzeitigen Verwertung von Einzelliegenschaften im ländlichen Raum, wie etwa ehemaligen Gebäuden oder nicht mehr betriebsnotwendigen Liegenschaften von Infrastrukturunternehmen. So könnten an einem Termin in kurzer Zeit mehrere Verkäufe von Liegenschaften einer Region durchgeführt werden.

Haus ersteigern: Für wen lohnt es sich?

Freiwillige Versteigerungen von Immobilien hatten, ähnliche wie Hausverlosungen, ihren großen Hype bereits. Nach anfänglichen sehr erfolgreichen Immobilienübertragungen finden sich heute nur noch wenige solcher Angebote am Immobilienmarkt. Mit etwas Glück und viel Geduld ist aber ein echtes Schnäppchen dennoch nicht ganz ausgeschlossen. Wenn sich tatsächlich eine passende Immobilie auftut, gilt es schnell entschlossen zu handeln. Außerdem wichtig: Vor der Versteigerung des Wunschobjekts sollte man selbiges besichtigen und sich mit dem Ablauf einer Feilbietung vertraut machen - am besten, man sieht sich eine andere Versteigerung an. Um sich bei der Versteigerung nicht zu unüberlegten Summen hinreißen zu lassen, sollte man schon zuvor festlegen, wie viel man höchstens bieten möchte.

Alternative Bieterverfahren

Bei dieser Art von Versteigerung entfällt die Pflicht einer Veröffentlichung und die Immobilie wird auch nicht im Rahmen einer klassischen Versteigerungsprozedur an den neuen Besitzer gebracht: Unter notarieller Aufsicht legen Interessenten ein Anbot, der Verkäufer nimmt nach einer bestimmten Frist das attraktivste Angebot an. Dies muss allerdings nicht jenes mit dem höchsten Kaufpreis sein: Der Verkäufer kann frei zwischen den eingegangenen Angeboten wählen, und sich beispielsweise auch für eines entscheiden, dessen Angebotssumme unter einer anderen liegt, wenn ihm andere Rahmenbedingung mehr zusagen.

 
 
 

AutorIn:
Datum: 19.07.2022
Kompetenz: Immobilien

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