Wohnbaustadtrat Michael Ludwig und Gemeinderat Christoph Chorherr präsentierten die Eckpfeiler der Novelle der Wiener Bauordnung. © PID/Gökmen

Novelle: Details zur geplanten Wiener Bauordnung 2018

Michael Ludwig und Christoph Chorherr präsentierten Details: Häuslbauern soll u. a. das Leben leichter gemacht, Altbestand gesichert, gewerbliche Kurzzeit-Wohnraumvermietung einschränkt und der Klimaschutz festgeschrieben werden.

Es sei ein Bündel an Maßnahmen und Neuerungen geworden, das für leistbares und umweltfreundliches Wohnen stehe. Gleichzeitig will man historische Substanz besser schützen, wie der scheidende Wohnbaustadtrat und der Planungssprecher der Grünen gemeinsam zum Ausdruck brachten. „Ein Schwerpunkt sind einfachere, schnellere und kostengünstigere Verfahren“, so Ludwig weiter, der etwa Häuslbauern im Gartensiedlungsgebiet vereinfachte und verkürzte Verfahren in Aussicht stellte. Parallel dazu soll der nun in die Begutachtung gehende Entwurf helfen, schneller Bauland für geförderte Wohnungen zur Verfügung zu stellen.

Schwierigere Zeiten stehen gewerblichen Kurzzeitvermietern ins Haus, die sich mit Airbnb & Co ein saftiges Körberlgeld verdienen und weiter vermehrt Wohnraum in guten Stadtlagen vom Markt nehmen. Der künftige Bürgermeister: „Auf die Einhaltung der Widmung ,Wohnen‘ wird strenger geachtet. Wir schieben kurzfristigen Beherbergungsmodellen einen Riegel vor, um die Wohnnutzung zu schützen.“

Chorherr sieht im nun vorliegenden Entwurf erste Bedingungen für einen besseren Klimaschutz gegeben. Verankert sind eine verstärkte Nutzung von Erneuerbarer Energie und die Förderung von umweltfreundlicher Mobilität auch beim Wohnen. „So wird der Klimaschutz – ebenso wie das leistbare Wohnen – als Planungsziel in der neuen Bauordnung verankert, fossile Brennstoffe wie etwa Ölheizungen dürfen in Neubauten überhaupt nicht mehr verwendet werden, Gasanlagen nur mehr in Kombination mit Solarenergie“, wie er ausformuliert. Außerdem seien in Neubauten nachrüstbare E-Ladestellen sowie mehr Fahrradabstellplätze vorgesehen.

Weiterer Fahrplan

Die geplante Novelle geht nun in die vierwöchige interne Begutachtung, alsdann schließt der externe Begutachtungsprozess an. Die Beschlussfassung soll laut Plan am 18. September 2018 in der Landesregierung erfolgen. Nach Behandlung im Wohnbauausschuss muss die Novelle noch vom Landtag, avisiert wird ein Termin Ende Oktober, beschlossen werden. Die neue Wiener Bauordnung könnte dann mit 2019 in Kraft treten.

Die Eckpunkte des Entwurfes zur Novelle der Wiener Bauordnung

 

Vereinfachung, Beschleunigung & Kostenreduktion bei Verfahren:

  • Vereinfachtes Verfahren für kleinere Bauführungen: bei Bauvorhaben im Gartensiedlungsgebiet sowie bei Bauvorhaben (Bauklasse I, bebaute Fläche von maximal 150 Quadratmeter) soll es künftig ein vereinfachtes Verfahren geben. Die Bestätigung eines Ziviltechnikers ist nicht mehr notwendig, da die bautechnische Komplexität bei Bauwerken in dieser Größenordnung gering ist.
  • Eine mündliche Bauverhandlung entfällt, wenn erstens Nachbarn und Nachbarinnen innerhalb der gesetzten Frist trotz nachweislicher Information durch die Behörde keine zulässigen Einwendungen erhoben haben; zweitens die Nachbarn und Nachbarinnen der Bauführung auf den Bauplänen oder unter Bezugnahme auf diese ausdrücklich zugestimmt haben.
  • Bloße Anzeigepflicht: künftig auch dann, wenn die Änderung der äußeren Gestaltung eines Gebäudes lediglich unwesentlich ist (bisher galt dies nur, wenn gar keine Änderung der äußeren Gestaltung erfolgte – ansonsten war eine Bewilligung erforderlich).

 

Erleichterungen bei der Stellplatzverpflichtung:

  • Auflassung von nicht benötigten Pflichtstellplätzen: die Verpflichtung soll entfallen, sofern dies sachlich begründet wird. Ein Abstellplatz je 100 Quadratmeter Wohnnutzfläche muss jedoch vorhanden sein. 
  • Stellplatzverpflichtung bei Sanierungen mit Dachgeschoß-Ausbau: bei einem Zu- oder Umbau oder bei Änderungen der Raumwidmung soll die Berechnung der Stellplatzverpflichtung so erfolgen, dass keine Schlechterstellung zu der Regelung vor der Novelle 2014 (Gegenrechnung von zusammengelegten Wohnungen und neu geschaffenen Wohnungen) besteht.

 

Schnellere Mobilisierung von Bauland:

  • Der Antrag auf Baulandumlegung soll bereits zulässig sein, wenn das Plandokument (Widmung „Bauland“) durch öffentliche Auflage kundgemacht wurde.
  • Baulandumlegung: nicht nur Verkehrsflächen, sondern auch zum Beispiel Wiesenstreifen sind der Gemeinde gegen Entschädigung zuzuweisen. Die Zuteilung der Entschädigungsfläche soll sich künftig nicht nach den Flächenausmaßen, sondern der wertmäßigen Beteiligung richten.

 

Verbot von kurzfristigen Vermietungen zu Beherbergungszwecken:

  • Vermeidung der gewerblichen Nutzung von Wohnungen: es soll klargestellt werden, dass eine kurzfristige gewerbliche Nutzung für Beherbergungszwecke (etwa Airbnb) „üblicherweise“ nicht in Wohnungen stattfindet und daher mit der Widmung „Wohnung“ nicht im Einklang steht.

 

Verbesserter Schutz für Gebäude mit Baujahr vor dem 1.1.1945:

  • Technische Abbruchreife: Die „technische Abbruchreife“ soll künftig nur dann vorliegen, wenn sich die Instandsetzung des Bauwerkes als technisch unmöglich erweist (was de facto zu einer Abschaffung der „technischen Abbruchreife“ führt).
  • „Schutzzoneninseln“: Künftig können auch einzelne Gebäude als Schutzzonen ausgewiesen werden.
  • Abbruch von Gebäuden: Voraussetzung für den Start der Abbruchtätigkeit soll eine Bestätigung des Magistrats (MA 19) sein, dass kein öffentliches Interesse am Erhalt des Bauwerks besteht. Kann eine solche Bestätigung des Magistrats nicht vorgelegt werden, ist für den Abbruch eine Bewilligung zu erwirken. Zwecks Erhaltung stadtbildprägender Gebäude der Gründerzeit und der Zwischenkriegszeit gilt das künftig auch für den Abbruch von Gebäuden, die vor dem 1.1.1945 errichtet wurden.

Vereinfachung des Planungsverfahrens:

  • Vereinfachte Planungsverfahren bei unwesentlichen Änderungen: bei „einfachen“ Geschäftsfällen wie etwa Fluchtlinienanpassungen oder geringfügigen Änderungen der Bebauungsbestimmungen soll in Zukunft die verpflichtende Befassung des Fachbeirates entfallen, die öffentliche Auflage auf vier Wochen verkürzt werden können sowie eine nochmalige Vorlage an die Bezirksvertretung unterbleiben.

 

Verbesserter Klima- und Umweltschutz:

  • Klimaschutz und leistbares Wohnen als Ziele in der Stadtplanung: Erstmals sollen leistbares Wohnen und Klimaschutz als Ziele der Stadtplanung verankert werden. Dies macht es bei künftigen Bauprojekten und städtebaulichen Verträgen leichter, leistbare Wohnungen und klimafreundliches Bauen schon von Beginn an mitzudenken und entsprechend mit den Bauträgern zu verhandeln.
  • Beschränkung von Treibhausgas-Emissionen: Gesetzliche Klarstellung, dass die Möglichkeit, in den Bebauungsplänen Beschränkungen der im festgesetzten Widmungsgebiet zulässigen Emissionen vorzunehmen, auch hinsichtlich der Treibhausgas-Emissionen besteht.
  • Steigerung der Verwendung von erneuerbarer Energie: In Wohngebäuden, in denen Heizung und Warmwasser nicht aus alternativen Systemen gespeist werden, soll die Energie aus erneuerbaren Quellen mindestens 20 Prozent des Warmwasser-Bedarfs ausmachen. Weiters soll in Neubauten die Aufstellung und der Einbau von Heizkesseln für feste und flüssige fossile Energieträger nicht zulässig sein.
  •  Bei Gebäudesanierungen wird die Dämmung der obersten Geschoßdecke verpflichtend.

 

Energieraumplanung:

  • Bestimmungen über die Energieraumplanung in den Bebauungsplänen: Der Fokus soll dabei auf der Energieversorgung für Heizung und Warmwasserbereitung liegen. In Neubaugebieten sollen Zonen ausgewiesen werden können, in denen die Verwendung von klimaschonenden Energieträgern (Erneuerbare Energieträger, Abwärmenutzung etc.) vorgesehen ist.
  • Ladeplätze für elektrisch betriebene Kraftfahrzeuge: Künftig soll vorausschauend ein Durchbruch herzustellen sein. Der Platzbedarf für einen allenfalls erforderlichen zweiten Trafo ist zu berücksichtigen.
  • Begrünung von Gebäudefronten: diese kann künftig im Bebauungsplan vorgesehen werden.
  • Fahrradabstellplätze: Hier wird eine eindeutige Mindestanzahl von einem Stellplatz je 30 Quadratmeter Wohnnutzfläche festgesetzt. Diese können künftig auch außerhalb des Gebäudes – etwa unter einem Flugdach – errichtet werden.

 

Begrenzung des großflächigen Einzelhandels:

  • Die Ansiedelung von (produzierenden) Betrieben im Industriegebiet sowie im gemischten Baugebiet – Betriebsbaugebiet wird z.T. dadurch erschwert, dass diese Flächen aufgrund einer höherer Zahlungsbereitschaft vermehrt an Einzelhandelsunternehmen vermietet bzw. verkauft werden. Zur Absicherung von Produktionsstandorten soll somit auf diesen Flächen bereits bei 1.000 m² Verkaufsfläche eine Widmung für Einkaufszentren erforderlich sein.

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Datum: 09.04.2018

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