Weg mit der Wegwerfflasche
Die EU macht Druck. Österreich muss mehr Plastikverpackungen recyclen. Bis 2024 sollen es doppelt so viele sein wie jetzt. Ohne die Einführung eines Einweg-Pfand wird's nicht gehen, besagt eine Studie des Klimaschutzministeriums.
Laut Schätzungen des Umweltbundesamtes dürfte in Österreich dieses Jahr die Marke von einer Million Tonnen Plastikmüll erreicht werden. Davon recycelt werden aktuell rund 25 Prozent, der Rest wird verbrannt. Das soll und muss sich ändern. Denn die Europäische Einweg-Plastik-Richtlinie (Single-Use-Plastic- oder SUP-Richtlinie) schreibt unter anderem vor, dass bis 2025 77 Prozent aller Einweg-Kunststoffflaschen getrennt gesammelt werden müssen, bis 2029 sogar 90 Prozent. In Österreich liegt die Quote aktuell je nach Quelle bei 65-70 Prozent bei rund 1,6 Milliarden Plastikflaschen, die jährlich in den Verkehr gesetzt werden. Eine Studie, erstellt vom technischen Büro Hauer, der Universität für Bodenkultur und der Montanuniversität Leoben, ging im Auftrag des Klimaschutzministeriums der Frage nach, wie eine Sammelquote von 90 Prozent hierzulande erreicht werden kann. Die Antwort der Studienautoren ist eindeutig: Die Zeit ist reif für Einweg-Pfand und Mehrweg!
Pfandsysteme europaweit auf dem Vormarsch
In vielen europäischen Ländern gibt es mittlerweile konkrete Pläne zur Umsetzung eines Pfandsystems. Schottland und Malta wollen ihr Pfandsystem 2021 starten, die Slowakei, Lettland, Rumänien und Portugal 2022, England 2023. Andere, wie Deutschland und Kroatien, machen es bereits vor: Die Sammelquoten von Plastikflaschen und Dosen liegen hier auf weit über 90 Prozent. In Deutschland etwa werden 98 Prozent der PET-Flaschen über das Pfandsystem erfasst. Außerdem führte die Flaschenrückgabe auch zu einem Rückgang von Littering (=achtloses Wegwerfen von Müll in der Natur oder im öffentlichen Raum).
Wie funktioniert Einwegpfand?
Es gibt zwei Varianten des Rücknahmesystems. In Deutschland z. B. wird das Pfandsystem dezentral gesteuert. Hier kann der Handel das gesammelte Material aus den Rückgabeautomaten behalten und gewinnbringend verkaufen bzw. selbst weiternutzen. In zentral gesteuerten Systemen, wie z. B. in Skandinavien, werden Material und Geldflüsse von einer Non-Profit-Organisation zentral gesteuert. Dem Lebensmitteleinzelhandel wird eine Manipulationsgebühr (= Bearbeitungsgebühr) pro Einheit bezahlt. Die finanziellen Mittel aus dem Pfandschlupf (= die Differenz zwischen eingenommenem und ausgezahltem Mehr- oder Einwegpfand) werden für den Betrieb des Systems verwendet. Die zentrale Stelle sorgt dafür, dass die Einnahmen aliquot auf die Systemteilnehmer aufgeteilt werden, um Rücknahme, Sammlung, Transport und Sortierung zu finanzieren. Eine solche "Zentralverwaltung" wird in der Studie des BMK auch für Österreich empfohlen.
Einwegpfand nein, Mehrweg ja
Was anderswo bereits erfolgreich läuft, ist hierzulande noch heiß umstritten. Vor allem Kritik aus dem Handel bringt die Pfandflasche zum Wackeln. Findet man im „Dreipunkteplan gegen Plastikflut“ von Leonore Gewessler (Grüne) die Einführung von Pfand auf Einwegflaschen und –dosen zwar gelistet, sucht man im neuen Entwurf der Novelle zum Abfallwirtschaftsgesetzt vergeblich danach. Vorgesehen sind laut Gewessler erst einmal “Pilotprojekte mit den Konsumentinnen und Konsumenten”. Der Mehrweg-Anteil hingegen soll erhöht werden. Laut Novelle müssen Geschäfte ab 2024 60 Prozent der Biere, jedes fünfte Mineralwasser und jede zehnte Milch in Mehrweg anbieten. Damit folgt man der Empfehlung der Studienautoren, die Maßnahmen zur Stärkung von Mehrwerggebinden fordern. Denn eine echte Verringerung der Mengen an Verpackungsabfällen sei nur mit starken Mehrwegsystemen möglich. Wird das Gesetz wie im Entwurf umgesetzt, würde es für den gesamten Lebensmittelhandel gelten. Ausnahmen gäbe es etwa für Bäckereien und Würstelstände.
Comeback von Mehrweg
Tatsächlich ist Mehrwegflasche in Österreich eine alte Bekannte. Die Mehrwegquote lag Anfang der 90er noch bei 80 Prozent. Zurzeit liegt sie bei rund 20 Prozent – mit der angekündigten Steigerung würde sie auf 25 Prozent wachsen. Für viele Supermärkte bringt die angekündigte Mehrwegpflicht kaum oder gar keine Änderungen mit sich, haben sie den geforderten Anteil an Mehrweggebinden doch ohnehin bereits im Angebot.