Seismologe wertet ein am Computer dargestelltes Seismogramm aus

Mit Hilfe von modernen Seismographen werden kleinste Bodenbewegungen registriert. Grafisch dargestellt werden diese dann in einem Seismogramm, das mit dem Computer ausgewertet wird. © Vladimir/stock.adobe.com

Erdbebenstärken und was sie bedeuten

Erderschütterungen dauern meist nur wenige Sekunden und legen ganze Landstriche in Schutt und Asche. Doch ab wann gilt ein Erdbeben eigentlich als "stark" und wie misst man Erdbebenstärken? Wir erklären es Ihnen!

Will man die Stärke eines Erdbebens messen, können zwei Maße dafür herangezogen werden: Magnitude und Intensität. Die Magnitude sagt aus, wie viel Energie im Erdbebenherd freigesetzt wurde. Sie lässt allerdings keine Rückschlüsse darauf zu, ob das Erdbeben spürbar war oder welche Schäden es verursacht hat. Um die Auswirkungen des Erdbebens an der Erdoberfläche abschätzen zu können, ziehen Seismologen zusätzlich zur Magnitude die Herdtiefe heran. Denn zwei Erdbeben können zwar dieselbe Magnitude haben, sich an der Erdoberfläche aber ganz unterschiedlich auswirken – je nachdem, in welcher Tiefe der Punkt liegt, von dem das Erdbeben ausgeht (= Erdbebenherd). Seismologen sprechen hier von der Intensität des Erdbebens.

Was ist die Richterskala?

Die Magnitude wurde 1935 vom amerikanischen Geophysiker Charles Richter eingeführt. Daher auch der Name Richterskala. Nach Richter entsprach das stärkste jemals gemessene Erdbeben einer Magnitude von 9,5 bis 10 (1960 in Chile). Häufig wird behauptet, die Richterskala wäre nach oben hin offen, was allein physikalisch nicht möglich ist, denn Erdbeben können nur in der spröden Gesteinschicht auftreten, nicht aber im zähflüssigen Erdmantel oder – noch tiefer – im flüssigen Erdkern. Eine Erdbebenstärke über 10,6 ist nicht möglich. Auch die Null, die Richter einst als Untergrenze seiner Skala festlegte, gilt nicht mehr: Moderne Seismographen messen selbst kleinste Schwingungen im Nanometerbereich, wodurch sich negative Magnituden (bis etwa -2 bis -3) ergeben können.

Die Richterskala wird bis heute verwendet, sie eignet sich insbesondere dann, wenn Erdbeben relativ nah an einer Messstation passieren. Weil heute aber zig tausende Messstationen auf der ganzen Welt Erdstöße über weite Entfernungen hinweg registrieren, verwenden Seismologen heute zumeist andere Skalen für die Bestimmung der Erdbebenstärken, und zwar moderne Intensitätsskalen. In der medialen Berichterstattung ist dennoch sehr oft von der Richterskala die Rede, auch wenn eigentlich eine andere Skala zur Berechnung der Erdbebenstärke herangezogen wurde.

 

Wie viele Erdbebenstärken gibt es?

Österreich verwendet wie die meisten eurpäischen Staaten zur Bestimmung der Erdbebenstärke die "Europäische Makroseismische Skala 1998" (MSK). Sie sagt aus, welche Auswirkungen ein Erdbeben auf die Erdoberfläche und damit Gebäude und Menschen hat. Laut der MSK gibt es 12 Erdbebenstärken. Vergleichbar ist die MSK mit der Windstärkeskala nach Beaufort, die ebenfalls 12 Klassen hat – von Windstille bis zum Orkan.

  1. Nicht fühlbar: Wird nur von Erdbebeninstrumenten registriert.
  2. Kaum bemerkbar: Wird nur vereinzelt von ruhenden Personen wahrgenommen.
  3. Schwach: Wird von wenigen Personen in Gebäuden wahrgenommen. Lampen schwingen leicht.
  4. Deutlich: Wird im Freien vereinzelt, in Gebäuden von vielen Personen wahrgenommen. Einige Schlafende erwachen. Geschirr und Fenster klirren.
  5. Stark: Wird im Freien von einigen, in Gebäuden von allen wachen Personen wahrgenommen. Viele Schlafende erwachen. Hängende Gegenstände pendeln stark, angelehnte Gegenstände können umfallen. Gelegentlich treten Haarrisse im Verputz auf.
  6. Leichte Gebäudeschäden: Viele Menschen flüchten aus den Häusern ins Freie. Möbel können von der Stelle gerückt werden. An vielen Häusern entstehen leichte Schäden, z. B. Risse im Verputz. Von älteren Häusern können Verputzteile, Dachziegel oder Schornsteine herabfallen.
  7. Gebäudeschäden: Die meisten Personen erschrecken und flüchten ins Freie. Gegenstände fallen aus Regalen. An vielen Häusern solider Bauart treten mäßige Schäden auf, z. B. kleine Mauerrisse, Risse an Schornsteinen, größere Verputzteile oder Schornsteine können herabfallen. Ältere Gebäude zeigen häufig Mauerrisse oder Schornsteineinstürze, vereinzelt auch Spalten im Mauerwerk, Einsturz von Zwischenwänden.
  8. Schwere Gebäudeschäden: Viele Personen verlieren das Gleichgewicht. Selbst schwere Möbel werden verschoben und zum Teil umgeworfen. An vielen Gebäuden einfacher Bausubstanz treten schwere Schäden auf, Giebelteile und Dachgesimse stürzen ein. Einige Gebäude sehr einfacher Bauart stürzen ein.
  9. Zerstörend: Allgemeine Panik unter den Betroffenen. Viele schlecht gebaute oder alte Häuser stürzen ein, andere, auch erdbebengerechte Gebäude werden stark beschädigt.
  10. Umfangreiche Zerstörungen: Viele gut gebaute Häuser werden zerstört oder erleiden schwere Beschädigungen. Mögliche Schäden an Dämmen und Brücken.
  11. Verwüstend: Die meisten Bauwerke, selbst mit bestmöglicher erdbebengerechter Konstruktion, werden zerstört.
  12. Vollständig verwüstend: Nahezu totale Zerstörung aller über- und unterirdischer Konstruktionen.

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Datum: 31.01.2024
Kompetenz: Bauplanung und Bauaufsicht

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