Luftaufnahme zerstörter Häuser und Straßen nach dem starken Erdbeben in der Südosttürkei 2023

Mit Stärken von 7,8 und 7,6 zerstörten zwei Erdbeben im Februar 2023 weite Teile der Südost-Türkei. Schwere Erdbeben wie diese treten in Österreich laut Statistik nur alle 120 Jahre auf. Das letzte vergleichbare Erdbeben (Epizentralintensität von 8 Grad) mit schweren Gebäudeschäden ereignete sich am 8. Oktober 1927 in Schwadorf im Wiener Becken. © Suzi/stock.adobe.com

Erdbeben in Österreich: Alle Fakten

Erdbeben sind in Österreich selten, aber nicht ausgeschlossen. Was die Statistik zu Häufigkeit und Gefahrenzonen sagt, wie Sie Ihr Haus erdbebenfest machen und wo Sie bei einem Erdbeben am sichersten sind – wir haben alle Antworten!

Erdbeben können grundsätzlich quer durch ganz Österreich auftreten. In bestimmten Regionen sind sie wahrscheinlicher als anderswo, Starkbeben mit schweren Gebäudeschäden haben hierzulande aber Seltenheitswert. Das letzte stärkere Erdbeben ereignete sich 1972 in Seebenstein in Niederösterreich. Mit einer Magnitude von 5,3 war es bis nach Wien zu spüren und richtete auch dort Gebäudeschäden an. Wie Sie Ihr Haus erdbebenfest machen und was Sie während und nach einem Erdbeben tun müssen, erfahren Sie hier.

 

Wo sind typische Erdbebengebiete in Österreich?

Laut Statistik der GeoSphere Austria (früher ZAMG) gibt es die meisten fühlbaren Erdbeben in Tirol. Dahinter folgen Niederösterreich, Steiermark, Kärnten, Vorarlberg, Oberösterreich, Salzburg und das Burgenland. Die meisten Erdbeben liegen im Bereich der bedeutenden tektonisch aktiven Zonen Österreichs. Dazu gehören das Rheintal in Vorarlberg, das Inntal und Seitentäler, das Mur- und Mürztal, das Semmeringgebiet und das Wiener Becken. Tritt hier ein starkes Erdbeben auf, sind diese durchaus auch in ganz Österreich spürbar. Gleiches gilt, wenn in einem unserer Nachbarländer die Erde bebt, betroffen sind dann vor allem Kärnten, Tirol und Vorarlberg.

Wie häufig gibt es Erdbeben in Österreich?

Es werden bis zu 1000 Erdbeben pro Jahr registriert. Davon wahrgenommen werden von der Bevölkerung aber nur ein Bruchteil: im Schnitt ungefähr 48 Erdbeben pro Jahr. Bemerkbar machen sich diese durch ein deutliches Rütteln. Starke Erdbeben, die auch Gebäudeschäden zur Folge haben, treten nur etwa alle zwei bis drei Jahre auf. Noch seltener verzeichnet werden schwere Schäden an Gebäuden, zwischen solchen Starkbeben vergehen gut 120 Jahre.

Wer sagt Erdbeben voraus?

Erdbeben langfristig vorherzusagen ist schwer, kurzfristige Prognosen sind unmöglich. Dafür gibt es viele Gründe, einer davon: Die Erdplatten bewegen sich sehr langsam, es kann hunderte Jahre dauern, bis es plötzlich zu einem Spannungsabbau kommt. Mit Hilfe von Risikoanalysen können Seismologen aber feststellen, ob Regionen mehr oder weniger gefährdet sind. Dafür verwenden sie instrumentell bestimmte Erdbebendaten und historische Quellen aus der Zeit vor 1900. Das Instrument zur Messung von Erdbeben nennt sich Seismometer. Mit Hilfe dieses Messgeräts können selbst kleinste Bodenbewegungen erfasst werden. Weltweit gibt es über 3000 Erdbebenstationen, die Erdbeben im In- und Ausland registrieren. In Österreich gibt es 25 Messstationen, darunter das Conrad Observatorium.

Ob Erdbeben jemals kurzfristig vorhergesagt werden können, ist unter Seismologen umstritten. Aktuell beschäftigen sich Experten vor allem mit der Frage, wo Erdbeben auftreten werden. Wichtig ist das im Hinblick auf den Bau von Gebäuden, Wasserkraftwerken, Verkehrswegen und anderer Infrastruktur. Denn eine erdbebensichere Bauweise ist wesentlich, wenn es darum geht, Schäden so gering wie möglich zu halten und Leben zu retten.

 

Wie baut man erdbebensicher?

Die Baunorm ÖNORM EN 1998-1 stellt sicher, dass in Österreich erdbebensicher gebaut wird. Werden die strengen Standards eingehalten, gibt es im Neubau keinen Grund zur Sorge. Wer erbebensicher bauen möchte, setzt am besten auf einen kompakten Baukörper mit einem symmetrischen Grundriss und baut kein Haus am Hang, wo die Gefahr eines Hangrutsches besteht. Ziegelhäusersind grundsätzlich sehr standhaft, schwächere Beben überstehen sie in der Regel problemlos. Gleiches gilt für niedrige Gebäude mit Stahlbetonwänden, denn sie schwingen mit den Bodenbewegungen mit. Ob ein Altbau erdbebensicher ist, sollte von einem Fachmann überprüft werden. In vielen Fällen muss hier bei Umbau oder Renovierung nachgebessert werden, damit das Gebäude die modernen Erdbebenstandards zumindest zu einem Viertel erfüllt.

 

Wie mache ich mein Haus erdbebensicher?

Wie erdbebensicher Ihr Haus ist, hängt von Baumaterial, Konstruktion und Bauhöhe ab. Ein niedriges Haus bewegt sich zum Beispiel stärker mit als ein höheres Haus. Als erdbebensichere Bauweisen gelten Stahlbauten, Stahlbetonkonstruktionen in Ortbetonbauweise, Stahl-Stahlbeton-Verbundbauweise, Holzbauweise und Fachwerk. Welche Erdbebenstärken Ihr Haus aushalten muss, ist abhängig von der Erdbebengefährdung in Ihrer Region.

Für ein erdbebenfestes Haus beachten Sie zudem folgende Tipps:

  • Halten Sie Ihr Haus samt Rauchfang, Dachrinnen usw. gut in Stand! 
  • Verankern Sie große Möbel in der Wand! Besonders gut sollte der Warmwasserspeicher befestigt sein.
  • Hängen Sie keine schweren Bilder oder Regale über Ihr Bett!
  • Stellen Sie keine Möbel in Treppenhäuser und Flure!
  • Prägen Sie sich die Lage des Hauptschalters für den elektrischen Strom und der Absperrventile für Gas und Wasser ein und informieren Sie auch Ihre Nachbarn darüber!

Wie verhalte ich mich bei einem Erdbeben richtig?

Ein erdbebensicherer Haus ist das eine, Eigenvorsorge und richtiges Verhalten im Katastrophenfall das andere. Hier gibt es noch mehr hilfreiche Infos und Tipps, was Sie bei einem Erdbeben oder in einem anderen Krisenfall benötigen.

Wie Sie sich während eines Bebens richtig verhalten:

  • Suchen Sie einen sicheren Ort in Ihrem Haus oder in Ihrer Wohnung auf, zum Beispiel in der Nähe von tragenden Wänden im Gebäudeinneren, unter Türstöcken oder unter einem stabilen Tisch. Warten Sie das Ende des Bebens hier ab. Jeder Bewohner sollte die sichersten Orte kennen und wissen, wohin bei einem Erdbeben. Tipp: Die Decken in kleinen Räumen sind stabiler als in großen!
  • Meiden Sie die Nähe von Fenstern!
  • Laufen Sie nicht ins Freie  – drinnen sind Sie vor Trümmern und Splittern sicherer! 
  • Steigen Sie in keinen Fahrstuhl bzw. steigen Sie in der nächsten Etage aus, wenn Sie sich in einem befinden!
  • Besteht Einsturzgefahr, holen Sie Ihr  Notfallgepäck und verlassen Sie das Haus!
  • Befinden Sie sich während eines Erdbebens im Freien, schützen Sie Ihren Kopf und halten Sie einen Sicherheitsabstand von mind. 5 Metern zu Gebäuden und Stromleitungen ein! Im Stadtzentrum und in engen Gassen suchen Sie am besten im nächsten Hauseingang oder in einer Hauseinfahrt Schutz!
  • Sind Sie im Auto unterwegs, bleiben Sie am Straßenrand im sicheren Abstand zu Gebäuden, Bäumen und Stromleitungen stehen und schalten Sie das Radio ein! Bleiben Sie am besten im Auto!

Wie Sie sich nach einem Beben richtig verhalten:

  • Schalten Sie zu Hause den Strom mit dem Hauptschalter aus und schließen Sie die Haupthähne von Gas und Wasser!
  • Betreten Sie Gebäude erst wieder, wenn das laut einem Sachverständigen gefahrlos möglich ist!
  • Ist Ihr Schornstein beschädigt, lassen Sie den Kamin vor dem Einheizen von einem Rauchfangkehrer überprüfen!
  • Sollten Sie nach einem Erdbeben Risse in der Mauer entdecken, können Sie einen Statiker mit einem Ingenieurbefund beauftragen. In den meisten Fällen sind Risse aber unbedenklich.

AutorIn:
Datum: 31.01.2024
Kompetenz: Bauplanung und Bauaufsicht

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