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Haustechnik

Gute Luft dank kontrollierter Wohnraumlüftung

Je besser die Raumluft, desto höher die Lebensqualität. In modernen Häusern, hier vor allem in Energiesparhäusern und Passivhäusern, übernimmt eine intelligente Wohnraumlüftung diese Aufgabe. Erfahren Sie hier, ob sich auch bei Ihnen ein Einbau lohnt.

Ein altbekannter Tipp für gute Raumluft: Zwei- bis viermal täglich Fenster öffnen und mindestens fünf Minuten geöffnet lassen. Simpel, aber Hand aufs Herz: Denken Sie immer daran? Neben der oft fehlenden Regelmäßigkeit kann das ständige Stoßlüften als Widerspruch zur extra dichten und energieeffizienten Gebäudehülle gesehen werden. Wie also sorgt man trotzdem für gute Innenraumluft? Mit dem Einbau bzw. der Nachrüstung einer kontrollierten Wohnraumlüftung mit Energierückgewinnung. Sie arbeitet zugfrei, leise und macht Ihr Smart Home noch komfortabler. Doch sehen wir uns zunächst an, wie kontrollierte Lüftungen überhaupt arbeiten.

Funktion und Einbau einer zentralen Lüftungsanlage

So viel ist sicher: Durch das gekippte Fenster lüften ist nicht zeitgemäß. Es ist weder wirtschaftlich noch ökologisch sinnvoll. Komfortlüftungen, mit ihrer automatischen Regelung der Be- und Entlüftung, schaffen die verbrauchte Luft aus den Räumen und ersetzen sie laufend durch frische. Im Falle einer zentralen Wohnraumlüftung versorgt ein einziges in der Wand oder Decke eingebautes Lüftungsgerät die einzelnen Räume mit frischer Außenluft. Über ein angeschlossenes Luftverteilsystem, das in der Regel verborgen im Fußboden- oder Deckenaufbau liegt, gelangt auf der einen Seite die Außenluft (Zuluft) in die Zulufträume (Wohn-, Kinder- oder Schlafzimmer). Auf der anderen Seite wird die Abluft aus den Ablufträumen (Küche, Bad oder WC) abgesaugt. Zentrale Lüftungsanlagen kommen daher überwiegend im Neubau und weniger in der Sanierung zum Einsatz, da hierfür ein höherer Planungsaufwand erforderlich ist. Aber auch der Einsatz in einem Altbau ist möglich, zum Beispiel kann eine kontrollierte Wohnraumlüftung in einer abgehängten Decke untergebracht werden.

Aus Abluft wird Wärme

Im Winter wird die Wärme der Abluft im Wärmerückgewinnungsgerät genutzt, um damit die Frischluft zu erwärmen, die in Wohn-, Schlaf- und Kinderzimmer geleitet wird. Aus diesen Frischlufträumen strömt die Luft später durch Überströmöffnungen in die Ablufträume, wo sie dann wieder abgesaugt wird. Ohne effiziente Wärmerückgewinnung, würde der Energieverbrauch spürbar ansteigen. Mit Wärmerückgewinnung kann hingegen ohne jegliche Energiezufuhr minus 10° C kalte Außenluft auf rund 17° C vorgewärmt werden. Der verbleibende Lüftungswärmeverlust wird problemlos mit einer solaren Raumheizung oder einem Pelletsofen ausgeglichen.

Dezentrale Wohnraumlüftung nachrüsten

Im Gegensatz zum zentralen Lüftungssystem lässt sich die dezentrale Wohnraumlüftung recht einfach nachrüsten und gezielt in einzelnen Räumen einbauen, wodurch sich die dezentrale Wohnraumlüftung besonders für Altbauten für die Sanierung eignet. Sie lassen sich mit geringem Aufwand nachrüsten. In punkto Energieeinsparung und Effizienz erreicht man so annähernd gute Werte wie in Neubauten. Die dezentrale Wohnraumlüftung kann aber auch in einem Neubau installiert werden. Diese Option der Lüftung kann besonders in Mehrfamilienhäusern (nur bestimmte Räume) oder in Einliegerwohnungen interessant sein.

Kontrollierte Wohnraumlüftung ist modernste Haustechnik

Mit der Integration einer Kleinstwärmepumpe im Kompaktgerät werden Lüftungsanlagen zur multifunktionalen Haustechnik im Passivhaus. Warmwasserbereitung, Lüftung,Wärmerückgewinnungund Heizung sind zu einem Block zusammengefasst. Passiv-, Niedrigenergie- und andere Energiesparhäuser erfordern weitreichendes Umdenken bei der Auswahl des Heizungssystems. Tatsächlich gingen hier die Entwicklungen Hand in Hand mit der Perfektionierung der Lüftungstechnik. Passivhäuser mit einem maximalen Energiebedarf von 15 kWh/m2a wären ohne kontrollierte Wohnraumlüftung nicht machbar.

Mythos oder Wahrheit?

Es gibt so einige Vorbehalte, die oftmals gegen eine Wohnraumlüftung angeführt werden: zu hohe Kosten, zu hohe Lärmbelastung, zu hohe Stromrechnung. Entsprechen diese und andere Vorurteile über die kontrollierte Wohnraumlüftung der Realität oder sind sie völlig aus der Luft gegriffen? Wir klären auf.

Annahme 1: Mit einer kontrollierten Wohnraumlüftung dürfen die Fenster nicht mehr geöffnet werden.

Falsch! Fenster und Türen dürfen auch in einem Haus mit kontrollierter Lüftung geöffnet werden.
Annahme 2: Die Luft wird durch kontrollierte Wohnraumlüftungen steril und zu trocken.  Falsch! Es macht keinen Unterschied, ob Frischluft über das Fenster oder über eine Lüftung in Ihre Wohnräume gelangt. Durch den Luftaustausch wird warme Raumluft mit hohem Feuchtegehalt durch kalte Außenluft mit niedrigem Feuchtegehalt ersetzt. Eine Lüftungsanlage macht die Luft auch nicht keimfrei, sondern entfernt einen Großteil gesundheitsschädlicher Feinstäube von Umwelt, Industrie und Straßenverkehr.
Annahme 3: Gerüche, die von außerhalb des Hauses kommen, werden durch die Lüftungsanlage nicht gefiltert. Richtig! Unangenehme Außengerüche hält eine Komfortlüftung mit üblichen Filtern nicht ab. Pollen und Staub werden gefiltert, aber Geruchspartikel können eindringen.
Annahme 4: Eine Wohnraumlüftung wirbelt Staub auf und führt zu Zugluft.  Falsch! Die Luft bewegt sich dafür viel zu langsam. Da die Fenster bei Lüftungsanlagen geschlossen bleiben können und dadurch eben keine Zugluft entsteht, wird das Aufwirbeln von Staub und anderen Schmutzpartikeln vermieden.
Annahme 5: Eine Wohnraumlüftung ersetzt keine Klimaanlage. Richtig! Eine kontrollierte Wohnraumlüftung ist keine Klimaanlage: Sie tauscht konstant die Luft aus, aber kühlt und befeuchtet diese nicht aktiv, sofern keine Zusatzmodule wie Sole-Erdwärmetauscher und Befeuchter mit eingebaut wurden.
Annahme 6: Wer eine kontrollierte Wohnraumlüftung besitzt, kann keinen Kamin oder Kachelofen mehr betreiben.  Falsch! Ein Kamin oder Kachelofen ist auch mit Lüftungsanlage möglich. Beides muss, wie im modernen Wohnbau mittlerweile weit verbreitet, raumluftunabhängig betrieben werden. Das bedeutet, der für die Verbrennung benötigte Sauerstoff wird direkt über den Kamin-Schacht zur Feuerstätte geführt.
Annahme 7: Eine Wohnraumlüftung ist ein System, das sehr viel Strom verbraucht. Falsch! Die Stromkosten einer Wohnraumlüftung sind abhängig von der Geräteauswahl und der Bausituation, liegen aber bei einem typischen Einfamilienhaus etwa bei 200 bis 500 kWh pro Jahr. Das ist etwa so viel, wie ein energieeffizienter Kühlschrank verbraucht und entspricht Jahreskosten von 40 bis 100 Euro je nach Stromtarif. Noch interessanter werden Systeme mit Wärmerückgewinnung: Beim Betrieb einer Wohnraumlüftung mit Wärmerückgewinnung (ca. 375 Liter Heizöl oder 800 kg Pellet pro Jahr) können sogar Heizkosten eingespart werden.
Annahme 8: Ich habe kein Passivhaus. Der Einbau macht bei meinem Haus keinen Sinn. Falsch! Eine Lüftungsanlage ist bei allen heutigen Baustandards sinnvoll. Besonders geeignet ist sie, wenn man wegen Lärm- oder Schmutzbelastung nicht oft lüften kann. Passivhäuser (A++) bzw. Gebäude der Kategorie  A+ und A nach dem österreichischen Energieausweis benötigen jedoch immer eine Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung, um die niedrigen Energiekennwerte zu erreichen. 
Annahme 9: Die Wartung ist zu aufwändig. Es besteht die Gefahr, dass die Lüftung verkeimt. Falsch! Eine Wohnraumlüftung benötigt so gut wie keine Wartung. Die Reinigung bzw. der Wechsel der Luftfilter im Lüftungsgerät und an den Zuluftventilen (ca. 1x jährlich) können schnell und sicher selbst durchgeführt werden. Ein Check des ganzen Lüftungssystems durch einen Fachhandwerker wird alle zwei Jahre empfohlen und eine Reinigung der Zu- und Abluftrohre alle 5 bis 10 Jahre. Bei einer solchen fachgerechten Wartung (und Verlegung) verkeimt in der Regel keine Lüftung im Einfamilienhaus. Der schlechte Ruf kommt eher aus dem Industriebereich, aus der Gastronomie oder den Krankenhäusern.
Annahme 10: Eine Komfortlüftung gleicht eine schlechte Wärmedämmung oder Wärmebrücken aus. Flasch! Bauklimatische Mängel können nur bedingt mithilfe einer Komfortlüftung kaschiert werden. Wer damit schwere Mängel ausgleichen will, wird enttäuscht werden – es kann trotzdem zu Schimmelbefall und Kondensation kommen.
 

Kein Mythos: Saubere, frische Luft in Innenräumen hält gesund

Je mehr Menschen sich in einem Raum aufhalten, desto rascher steigt die CO2-Konzentration in der Raumluft an. Auch die Konzentrationen von anderen Luftschadstoffen aus den Baumaterialien, Einrichtungsgegenständen und Haushaltschemikalien (z. B. Gerüche, Allergene, Tabakrauch etc.) erhöhen sich. Bei luftdichter Bauweise kann die CO2-Konzentration auch bei wenigen Personen im Raum zunehmen, z. B. in Wohnungen oder Büroräumen. Den größten Teil unseres Lebens verbringen wir aber genau dort, weshalb die Luftqualität gesundheitliche Auswirkungen auf uns hat. Es ist erwiesen, dass schlechte Innenluft zu verminderter Konzentration, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Trockenheitsgefühl oder Reizung von Nase, Rachen und Augen führen kann. Nicht selten werden Gesundheitsbeschwerden aufgrund schlechter Lufthygiene ausgelöst bzw. verstärkt. Vitalität ohne gesunde Raumluft ist undenkbar, nur ausreichende Frischluftzufuhr sichert Wohlbefinden. Dabei gilt es, die ideale Balance zwischen gesunder Raumluftqualität und geringem Energieeinsatz bzw. Lüftungsverlust zu erreichen.

Wohnraumlüftung im Überblick: Pro & Contra

Vorteile

Nachteile

Schadstoffarm: Immer frische hygienische Luft ohne Schadstoffe, Pollen, Allergene, Staub, Zug und störende Außengeräusche wie Straßenlärm Kostenintensiv: Der größte Nachteil sind sicherlich die Kosten. Eine kontrollierte Wohnraumlüftung (zentral und dezentral) kostet zwischen 10.000 und 20.000 Euro.  

Prophylaktisch & effizient: Überschüssige Luftfeuchtigkeit wird ins Freie abgeführt (verhindert Bauschäden und Schimmelpilz). Wärme wird der Abluft über ein Wärmetauschersystem entzogen und der Frischluft wieder zugeführt. Im Sommer kann die Frischluft abgekühlt werden.

Zu trocken: Im Winter kann es passieren, dass die Luftfeuchte in den Innenräumen auf weniger als 30 Prozent sinkt. Separat aufgestellte Luftbefeuchter können Abhilfe schaffen oder der Luftvolumenstrom ist zu hoch und muss richtig eingestellt werden.
Leise: Zwei Hauptschalldämpfer an den Geräten sowie Telefonieschalldämpfer zwischen den Räumen bewirken die quasi geräuschlose Arbeit. Die Anlagen brauchen nur zwei Ventilatoren für den Zu- und Ablufttransport. Diese werden am besten von stromsparenden Gleichstrommotoren angetrieben. Lärm kann enstehen, wenn die Lüftung nicht fachgerecht installiert wurde oder die Wartung nicht ordentlich durchgeführt wurde. Ganz wichtig ist höchstmöglicher Schallschutz für die Schlafräume.

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Datum: 11.11.2021
Kompetenz: Klimatechnik und Belüftung

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