Wohnbau für Generationen: Ein Design für alle?
Erster Blaue Lagune Dialog im Jahr 2017 zum altersgerechten, generationenübergreifenden Wohnen. Eine hochkarätige Runde aus der Bau- und Immobilienwirtschaft diskutierte Ist-Stand und mögliche Entwicklungsschritte rund um Barrierefreiheit, Baurealität und Co.
Beim Blick aufs Wohnen scheinen sich Zukunftsforscher einig zu sein: Die kommende „Silver Society“ – und nicht nur sie – wird sich häuslich neu orientieren müssen. Ob Planungsbüros, Bauwirtschaft und Makler die Trendwende, hin zum altersgerechten Wohnen, begleiten oder verschlafen, wird sich weisen – vorausgesetzt, dass sich Anspruch und Wirklichkeit an die eigenen vier Wände wirklich neu definieren. Wer auf Barrierefreiheit pocht und wer davon profitieren könnte, warum wir alle unser Wohn(such)verhalten im Laufe eines langen Lebens neu überdenken sollten und welchen Stellenwert der „Wohnbau für alle Generationen“ hierzulande aufweist, diskutierte eine illustre Expertenrunde im Rahmen der Dialogreihe der Blauen Lagune, zu der einmal mehr Hausherr Erich Benischek (rechts im Bild) geladen hatte. Rund 60 Gäste verfolgten eine Debatte, bei der Klartext geredet wurde.
"Weitgehend gegenstandslose Debatte"
So ist die Diskussion um Planung und Ausstattung von Wohnungen für Menschen mit besonderen Bedürfnissen für Alois Aigner (links im Bild) von der Austrian Real Estate (ARE) ernüchternd, „ja mittlerweile sogar langweilig“. Allen gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz würde darauf im Neubaubereich weiterhin kaum Rücksicht genommen. Warum ist für ihn leicht erklärt. Die Nachfrage nach Standardwohnungen wäre nach wie vor enorm. Die Zu- und Binnenwanderung würde hier erschwerend hinzukommen. Der Markt bliebe folglich desinteressiert. Auch wenn die technische Aufrüstung nur ein „paar Euros mehr kosten würde", wie er befindet. Das geringste Risiko und höchste Rentabilität versprechen weiterhin klassisch ausgestatte Zweizimmerwohnungen mit rund 40 Quadratmetern.
Erste, kleine Schritte
Weniger pessimistisch zeigte sich Michael Gehbauer (Zweiter von rechts) von der WBVA-GPA (Wohnbauvereinigung f. Privatangestellte Gemeinn. GmbH). In seinem Haus würden barrierefreie Lösungen bewusst in ersten konkreten Schritten verwirklicht. Er verwies dabei auf ein Projekt, bei dem 12 von 60 Wohneinheiten gemeinsam mit Menschen, die auf einen Rollstuhl angewiesen sind, nach ihren individuellen Bedürfnissen geplant und gebaut wurden. Aber auch jeder andere könnte in unterschiedlichen Lebenssituation vom „Mehr an Bewegungs- und Wohnqualität“ profitieren.
Auch EHL Immobilien Management-Expertin Sandra Bauernfeind (Dritte von rechts) setzt auf den Wandel. Mit dem Status quo seien sehr viele nicht zufrieden, wie sie am Podium ausführte. Der Mangel an entsprechend ausgestatteten Wohnungen damit evident. Am eigenen Leib spüre man dies, wenn die ersten Sportverletzungen anstünden, oder der Weg mit dem Kinderwagen zum Hindernisparcours würde. Schnell kehrten viele den verdichteten Stadträumen den Rücken und würden ihr Heil im Speckgürtel suchen. Später, im Alter, seien dann wieder die Vorzüge der kurzen Wege in der City evident.
Mut zur Veränderung
Großteils einig war man sich am Podium, dass Lösungen nur mit den Menschen gemeinsam umgesetzt werden könnten. Entscheidend sei, den Vorsorgegedanken auf das eigene Wohnumfeld auszudehnen. Nur so bliebe gewährleistet, längerfristig in den eigenen vier Wänden – ganz ohne Abstriche – leben zu können. Wo die räumliche und technische Infrastruktur fehlen würde, müssten Menschen Mut zur Veränderung an den Tag legen. Flexible Lösungen, wie etwa der einfache Tausch von Wohnungen im Umfeld, seien den Experten zufolge anzudenken und zu forcieren. Auch neue Betreuungsformen müssten im Neubaubereich wohnmöglich gemacht werden.
Mehrere Generationen unter einem Dach
Dass es funktionieren kann, davon ist Sigrid Oblak (zweite von links) von der Wien Holding überzeugt. Sie stellte beim „Blaue Lagune Dialog“ die Wohnhausanlage „Oase 22“ in Stadlau vor: Hier wurden rund 370 Wohneinheiten speziell für ein Miteinander der Generationen geplant. Die Vorzüge der Anlage? „Flexible Grundrisse, ein großzügiges Freiraumkonzept, ein geriatrisches Tageszentrum sowie die begleitende Moderation“, meint Oblak. So würden altersübergreifende Gemeinschaften Schritt für Schritt lebendig.