Energieausweis - Auswirkungen auf die Bewertung
Welche Auswirkungen hat der Energieausweis auf die Immobilienbewertung und Ihre Resultate? Die FH-Wien legt nun erstmals Forschungserbnisse vor, welche die Bedeutung des Ausweises untersuchen. Lesen Sie hier den Artikel von Dr. Otto Bammer.
Einer der elementarsten Grundsätze der Immobilienbewertung besteht darin, dass sich der Bewerter nach dem Markt und nicht der Markt nach dem Bewerter zu richten hat. Verkehrswerte von Immobilien entstehen also aus der Angebots- und Nachfragesituation auf Immobilien(teil)märkten und nicht durch die Bewertung der Liegenschaftsbewerter.
Deren Aufgabe besteht lediglich darin, das Marktgeschehen mit anerkannten Bewertungsmethoden nachzuempfinden und abzubilden. Das sonst gerechtfertigte Vertrauen in diesen Grundsatz ist aber bei der Bewertung der Energieeffizienz derzeit nicht angebracht, da die Marktteilnehmer mangels Vorhandensein diesbezüglicher Bewertungsansätze momentan kaum in der Lage sind, die wertbestimmende Auswirkung gebäudebezogener Energieeffizienz einzuschätzen.
Gleiches gilt derzeit auch für professionelle Immobilienwerter wie z.B. Allgemein beeidete gerichtlich zertifizierte Sachverständige. Zur Erreichung der Klimaschutzziele, also vor allem zur Reduktion der CO²-Emissionen und damit zur Verringerung des globalen Treibhauseffektes ist es aber erforderlich, daß in der breiten Bevölkerung ein Energieverbrauchsbewusstsein entwickelt wird.
Methodik
Für die die kostenmässige Auswirkung des Energiemehrbedarfes wird der zum Stichtag der Bewertung gegebene Mehrbedarf an Energie, bezogen auf die Gebäudebestandsdauer, in die Zukunft projiziert. Die Ermittlung des Mehrbedarfes erfolgt durch Vergleich des aus dem Energieausweis für dieses Gebäudes sich ergebenden Energiebedarfes mit mittlerweile gesetzlich geregelten benchmarks. Der Energiemehr-, allenfalls auch Energieminderbedarf wird in kWh/m² Gebäudefläche (Bruttogeschoßfläche) ausgedrückt.
Bei der nun folgenden Verknüpfung mit dem Energiepreis ist die konkrete Energieversorgungssituation (z.B. Erdgas, Erdöl, Strom) des zu bewertenden Gebäudes zu berücksichtigen, wobei in vielen Fällen Mischformen gegeben sind, was die Notwendigkeit entsprechender Energiepreis-Gewichtungen nach sich zieht.
Da Energiepreise sehr volatil sind (man denke nur an die Schwankungen des Erdölpreises in den letzten 18 Monaten), ist für den Preisansatz auch zu entscheiden, ob stichtagsbezogene Preise oder ein retrospektiv langfristiger Preisdurchschnitt angesetzt wird. Dies deshalb, da über den retrospektiven Ansatz zumindest die in der Vergangenheit stattgefundenen Energiepreisveränderungen berücksichtigt sind. Dies stellt jedoch keine Garantie dafür dar, dass die Projektion in die Zukunft auf ähnliche reale künftige Preisveränderungen stösst.
Diese „Ungewissheit“ ist jedoch jedem Bewertungsverfahren, das zukünftige Entwicklungen abbilden soll (wie z.B. auch bei Unternehmensbewertungen) immanent. Verfahrenstechnisch wird dabei die in Geldeinheiten erfolgende Projektion in die Zukunft auf den Bewertungsstichtag fokussiert; finanzmathematisch handelt es sich hiebei um eine Barwertermittlung (Diskontierung), Ergebnis ist der Wert des Energiemehr-/-minderverbrauches über die Gebäudebestandsdauer, bezogen auf den Stichtag der Bewertung der Immobilie.