Ruf nach Leerstandsabgabe wird lauter
Leerstehende Wohnungen treiben die Preise am überhitzten Wohnungsmarkt weiter an. Wien übt nun Druck auf den Bund aus und fordert eine Abgabe auf leerstehende Wohnungen. Wo noch über eine Leerstandsabgabe diskutiert wird und was sie bringen soll.
Als reine Anlage- oder Spekulationsobjekte gekauft, bleiben viele Immobilien unbewohnt. Angesichts von Wohnraumknappheit, Mietpreisexplosion und ausuferndem Flächenfraß sind diese Leerstände jedoch nur schwer zu argumentieren. Eine Leerstandsabgabe solls richten. Die Idee, Eigentümer leerstehender Wohnungen zur Kasse zu bitten, wie nun einmal mehr in der Bundeshauptstadt diskutiert, ist aber nicht neu.
Wirrwarr von Zuständigkeiten
Nicht nur Wien fordert eine Leerstandsabgabe. Auch in den Ballungsräumen Salzburg, Innsbruck, Graz sowie St. Pölten und Villach will man Wohnungseigentümer dazu bringen, ihre Wohnungen und Häuser zu vermieten. Die Wiener Stadtregierung ist nun mit einem Brief an die zuständigen Ministerien nach vorn geprescht und fordert den Bund dazu auf, die nötigen gesetzlichen Grundlagen zu schaffen, die eine Leerstandsabgabe erlauben würden. Denn eine Einhebung einer Abgabe auf unvermietete Wohnungen sei durch die Länder kompetenzrechtlich derzeit nicht möglich, lautet es aus Wien. Man bezieht sich dabei auf eine Erkenntnis des VfGH vom 12.03.1985, G2/85, zum Wiener Wohnungsabgabegesetz, im Zuge derer die damals gültige Wiener Leerstandsabgabe aufgehoben wurde.
Abgabenhöhe entscheidend
Tatsächlich sei eine moderate Abgabe auf Wohnungsleerstand rechtlich jederzeit möglich, so Kritiker auf den Vorstoß Wiens. Ein Gutachten, das der Rechtsanwalt und Universitätsdozent Thomas Walzel von Wiesentreu im Auftrag des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck erstellt hat, kommt zum Schluss, dass die Erhebung von Leerständen sowie die Einhebung einer allfälligen Abgabe im Kompetenzbereich der Länder lägen. Einzige Einschränkung: Eine Abgabe dürfe nur so hoch sein wie zur Deckung jener Infrastrukturkosten nötig, die der Gemeinde im Zusammenhang mit dem Leerstand (etwa für Kanal, Wasseranschluss, Straßen) entstünden. Überschreiten würden die Länder ihre Kompetenz, wenn die Abgabe eine solche „Intensität entwickelt, dass sie den Abgabepflichtigen wirtschaftlich zu einem bestimmten Verhalten geradezu zwingt“. Das komme einer Lenkung des Wohnungsmarkts gleich, die wiederum nur vom Bund ausgehen dürfe - der Grund, warum einst die Leerstandsabgabe in Wien von den Höchstrichtern gekippt wurde.
Was gegen eine Leerstandsabgabe spricht
Während Befürworter mihilfe der Abgabe Wohnraum auf den Markt bringen wollen, befürchten Gegner einen zu starken Eingriff in privates Eigentum und die persönlichen Rechte. Zudem ist laut Experten eine überschaubare Anzahl von Leerständen durchaus gewollt. Der Wohnungsmarkt soll schließlich nicht stagnieren, Menschen wollen und müssen umziehen können bzw. im Renovierungsfall auf eine andere Wohnung ausweichen können. Eine wichtige Grundsatzfrage, die vor der Einführung einer Leerstandsabgabe außerdem zu klären wäre: Gibt es überhaupt ein strukturelles Leerstandsproblem?
Unbekannte Anzahl von Leerständen
Um diese Frage zu beantworten, müssten den Gemeinden genaue Daten über Wohnungsleerstände vorliegen. Wie viele es tatsächlich gibt, weiß man vielerorts aber nicht. Vereinzelt finden Leerstandserhebungen statt, zum Beispiel in Innsbruck. Hier überprüft ein 2019 eigens dafür geschaffenes Referat (GWR) unter anderem, ob alle gemeldeten Personen auch tatsächlich ihren Wohnungen zugeordnet werden können. Als Leerstände gelten Wohnungen, in denen in den letzten sechs Monaten niemand gemeldet war. Das Leerstandsmonitoring in Innsbruck verlief bisher durchaus erfolgreich: Bis zum Stichtag 1. Februar 2021 konnten von den insgesamt 77.046 Wohnungen in Innsbruck bereits 22 Prozent (16.601 Wohnungen) korrigiert werden. Von diesen standen zum gleichen Stichtag 787 Wohnungen seit sechs Monaten und 63 Wohnungen seit einem Jahr durchgehend leer - eine Leerstandsquote von 4,7 Prozent. In anderen Landeshauptstädten gibt es nur Schätzungen über die Anzahl unvermieteter Immobilien. Ungefähr zwischen 7000 und 10 000 sollen es in Salzburg sein, in Wien - laut einer sechs Jahre zurückliegenden Erhebung - ungefähr 35.000 Wohnungen.
Salzburg sagt Leerstand den Kampf an
In Salzburg rückt eine Leerstandsabgabe in greifbare Nähe. Hier immer wieder Stein des Anstoßes: Leerstehende Zweitwohnsitze und Chaletdörfer. Greifen soll eine Leerstandsabgabe bei Wohnungen, die mehr als die Hälfte des Jahres weder als Haupt- noch als Nebenwohnsitz dienen. Ausnahmebestimmungen soll es beispielsweise für Ferienwohnungen geben. Wie hoch die Leerstandsabgabe ausfällt, soll laut Gemeindebund unter anderem von der Dauer des Leerstandes, dem geltenden Richtwertmietzins und letztlich dem Beschluss der Gemeindevertretung abhängen.