© Heid Schiefer

Lobbying bei öffentlichen Auftraggebern

Im Jänner 2013 tritt das „Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG“ in Kraft. Vergabe-Experte Thomas Kurz analysiert dessen Folgen auf Vergabeverfahren, die Branche und Interessenverbände.

Am 27.6.2012 wurde das „Lobbying- und Interessenvertretungs-Transparenz-Gesetz – LobbyG“ im Nationalrat beschlossen; es wird am 1.1.2013 in Kraft treten (die Registrierungspflicht tritt am 31.3.2013 ein).

Vergaben von öffentlichen Aufträgen sind vom Gesetz erfasste Aktivitäten

Beim ursprünglichen Gesetzesentwurf des Vorjahres war das Verhältnis zwischen „Lobbyismus“ im Sinne des Gesetzes und Vergabeverfahren nach dem Bundesvergabegesetz noch nicht klar. Nunmehr hat der Gesetzgeber hier deutliche Klarstellungen vorgenommen: Die gesamte sogenannte „Privatwirtschaftsverwaltung“, also auch alle jene Aktivitäten, bei denen die öffentliche Hand nicht mit hoheitlichen Funktionen als Behörde auftritt, sondern Verträge untereinander oder mit „Privaten“ abschließen will, ist Teil des Anwendungsbereichs. Jede Tätigkeit, die dazu dient, in „strukturierter und organisierter Weise“ Einfluss auf Entscheidungs-Prozesse in Gesetzgebung und Vollziehung einschließlich dieser Privatwirtschaftsverwaltung zu nehmen, ist „Lobbying-Tätigkeit“.

Wer solche Tätigkeiten ausübt (gegen Entgelt oder in „institutionalisierter“ Form, also etwa als Interessenverband; im Einzelnen ist die persönliche Anwendbarkeit etwas kompliziert und hier nicht im Detail darstellbar), unterliegt einerseits Verhaltenspflichten (§§ 5 bis 8 LobbyG) und andererseits der Eintragungspflicht in das Lobbying- und Interessenvertretungsregister (§§ 9 ff LobbyG), um diese Aktivitäten grundsätzlich offenzulegen.
Sektorenauftraggeber oder ausgegliederte Rechtsträger wie zB ASFINAG oder BIG sind nicht vom LobbyG umfasst, weil deren Organe keine „Funktionsträger“ im Sinne des LobbyG sind und eine Einflussnahme auf solche Rechtsträger daher keine „Lobbying-Tätigkeit“ im Sinne des Gesetzes darstellt (so die Erläuternden Bemerkungen zur Regierungsvorlage [EBRV]).

Jeder Bieter ein Lobbyist?

Nun trifft die Definition der „Lobbying-Tätigkeit“ auf praktisch jeden Teilnehmer in Vergabeverfahren zu, denn jeder will in (mehr oder weniger) strukturierter und organisierter Weise Einfluss auf den Entscheidungsprozess nehmen; mit anderen Worten: Jeder, der an einem Vergabeverfahren teilnimmt, will den Auftrag bekommen.

Freilich hat der Gesetzgeber erkannt, dass die Eintragung jedes Unternehmens ins Lobbyingregister schwer überzogen wäre, und hat daher in § 2 des LobbyG entsprechende Ausnahmen eingefügt.

  • Das Gesetz ist „auf die Wahrnehmung oder Vertretung der Interessen einer Partei oder eines Beteiligten im Zusammenhang mit einem verwaltungsbehördlichen oder gerichtlichen Verfahren“ nicht anwendbar (§ 2 Z 3 LobbyG). Wer also im eigenen Namen (oder als Vertreter im Namen eines solchen Beteiligten) Interessen in einem Behördenverfahren (auch etwa vor dem Bundevergabeamt oder anderen Vergabekontrollbehörden) wahrnimmt, betreibt keine „Lobbying-Tätigkeit“ im Sinne des LobbyG.
  • Weiters sind gemäß § 2 Z 6 LobbyG Tätigkeiten ausgenommen, „die auf Veranlassung eines Funktionsträgers ausgeübt werden“. Diese Ausnahme trifft nun auch auf Vergabeverfahren selbst zu, denn alle Tätigkeiten der Bieter, Bewerber oder Interessenten sind durch den öffentlichen Auftraggeber (der „Funktionsträger“ im Sinne des LobbyG ist), also durch dessen Ausschreibung bzw Bekanntmachung, „veranlasst“.


(Versuchte) Einflussnahmen im Vorfeld von konkreten Vergabeverfahren, also vor „Veranlassung“ durch den Auftraggeber, sollen nach den EBRV wohl auch schon ausgenommen sein; dem Gesetzeswortlaut ist dies aber nicht mit Sicherheit zu entnehmen.

Interessenverbände

Grundsätzlich erfasst sind „Interessenverbände“, also gemäß § 4 Z 8 LobbyG „ein Verein oder vertraglicher Zusammenschluss mehrerer Personen, zu dessen Aktivitäten die Wahrnehmung gemeinsamer Interessen gehört und der weder ein Lobbying-Unternehmen noch ein Selbstverwaltungskörper ist“. Ein Interessenverband ist dann kein „Lobbying-Unternehmen“ (ein solches treffen strengere Vorschriften nach dem LobbyG), wenn er keine entgeltlichen Lobbying-Tätigkeiten im Auftrag anderer ausführt. Die bloße Finanzierung des Interessenverbands durch seine Mitglieder, deren Interessen er vertritt (zB über Mitgliedsbeiträge), wird wohl nicht unter diese „Entgeltlichkeit“ fallen, sonst hätte diese Unterscheidung kaum einen Sinn.

Interessant ist, dass ein bloßer „Interessenverband“ nur von den Verhaltenspflichten des § 5 LobbyG und der Registrierungspflicht nach § 12 LobbyG erfasst ist. Verstöße gegen beide Vorschriften führen aber zu keiner Verwaltungsstrafe oder sonstiger Sanktion nach dem LobbyG. Im Ergebnis sind daher solche Interessenverbände zwar Verhaltens- und Registrierungspflichten unterworfen, aber mangels Sanktionen für Fehlverhalten sind diese Pflichten nicht wahnsinnig stark ausgeprägt.

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Archivmeldung: 29.08.2012

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