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ÖVI hadert mit Mietrecht

Der Österreichische Verband der Immobilienwirtschaft fordert eine grundlegende Modernisierung des Mietrechts, mehr Augenmaß bei der Festlegung energetischer Standards sowie Anreize für Hauseigentümer bei der thermischen Sanierung.

"Ein bewegtes Jahr liegt hinter uns und ein ebenso turbulentes vor uns", kündigt Udo Weinberger, Präsident des ÖVI anlässlich der Jahresausblicks-Pressekonferenz des Österreichischen Verbands der Immobilienwirtschaft an. 2013 steht für den ÖVI im Zeichen der neuen Immobilientransaktionssteuer, den umsatzsteuerlichen Änderungen infolge des Stabilitätsgesetzes, den verschärften Regelungen im Energieausweisvorlagegesetz und der Mietpreisdiskussion.

"Die Rufe nach unrealistischen oder weiteren Mietzinsreglementierungen lösen nicht, sondern verknappen nur das Wohnungsangebot, noch weniger lösen sie Investitionen in Immobilien aus", gibt sich Weinberger überzeugt. Seiner Ansicht nach würden Mietzinsreglementierungen auch nicht für faire Marktverhältnisse sorgen: "Ich verweise alleine auf die Ungerechtigkeit zwischen jenen, die eine Wohnung suchen und jenen, die eine Wohnung haben" so Weinberger, "denn die Mietpreissituation ist nach wie vor extrem verzerrt: durch die Wohnungszwangsbewirtschaftung des geltenden Mietrechts weisen erhebliche Bestände nach wie vor nicht nur völlig marktfremde, sondern mitunter nicht einmal kostendeckende Mieten auf".

Damit fordert der ÖVI einmal mehr eine grundlegende Modernisierung des Mietrechts: Ein einheitliches Mietrecht, das für einen Großteil der Mietverhältnisse gelten soll - dies aber zu marktkonformen, aber überprüfbaren Mietzinsen.

Kostengünstiges Bauen als Herausforderung

Die Verschärfungen in den Bauordnungen (OIB-Richtlinien) stellen laut ÖVI auch zunehmend erhöhte Anforderungen an den Brandschutz, die Barrierefreiheit und die thermische Qualität der Gebäude. "Die kontinuierlich steigende Entwicklung der Baukosten ist getrieben von einer Regelungswut punkto technischer Anforderungen. Österreich hat im europäischen Vergleich extrem anspruchsvolle bauliche Standards, insbesondere hinsichtlich Energieeffizienz, Schallschutz, Brandschutz und Barrierefreiheit. Wir sehen in der Durchforstung der für das Planen und Bauen maßgeblichen Richtlinien und Normen erhebliche Kosteneinsparungspotentiale, ohne empfindliche Einschnitte in der Qualität befürchten zu müssen", sagt Klaus Wolfinger, Bauträgersprecher des ÖVI.

Die Umsetzung der EU-Gebäuderichtlinie, wonach bis 2020 ein "Fast-Nullenergiestandard" bei einem Kostenoptimum erreicht werden soll, wird die Immobilienwirtschaft vor eine große Herausforderung stellen. Bei der Festlegung energetischer Standards ist deshalb mit Augenmaß vorzugehen, schlägt Wolfinger vor: "Aus den bisherigen Erfahrungen ist punkto Kosten-Nutzen-Relation ein guter Niedrigenergiehausstandard dem Passivhausstandard vorzuziehen. Die Baukosten zur Einsparung der letzten paar kWh Heizwärmebedarf und die Dichtheitsanforderungen des Passivhauses stehen in keinem vernünftigen Verhältnis zum damit noch erreichten Energieeinsparungseffekt".

Keine Sanierungsreize im Mietrecht

Vor allem im geltenden Mietrecht liegen keinerlei Sanierungsanreize, kritisiert der ÖVI. "Die Vorteile der Sanierung genießt der Mieter, die Kosten trägt der Eigentümer", so Wolfinger und schlägt vor: "Umfassend sanierte Gebäude, die bestimmte Qualitätsstandards erfüllen, sollten bei Neuvermietung nicht mehr dem Preisregime des Richtwertmietzinses unterliegen. Die thermische Sanierung bleibt ein Minderheitenprogramm, falls keine Anreize für den Hauseigentümer geboten werden. Es geht dabei nicht um Zuckerln, sondern darum, dass sich die Investition in einem angemessenen Zeitraum amortisiert."

Notkamin trotz Fernwärmeanschluss?

Wolfinger ärgern auch die Flut hochgeschraubter technischer Standards: Ist es denn heute tatsächlich noch angemessen, in jede Neubauwohnung mit Fernwärmeanschluss einen Notkamin einbauen zu müssen? Und können die Anforderungen an Barrierefreiheit nicht insofern optimiert werden, als sie zwar für die Mehrheit der errichteten Wohnungen eines Hauses umgesetzt werden, nicht aber für jene Bereiche, für die sich der bauliche Aufwand drastisch verteuert?

Die urbanen Ballungszentren - allen voran Wien - werden wachsen. Um den prognostizierten Wohnungsbedarf zu decken, schlägt der ÖVI einen intelligenten Mix aus Erweiterung im Bestand und Neubau vor. Beim Neubau liegen die aktuellen Herausforderungen für den Verband vor allem darin, neues Bauland zu vernünftigen Preisen verfügbar zu machen und die Infrastrukturkosten zu finanzieren. Bei der innerstädtischen Nachverdichtung geht es um die Nutzung bestehender Infrastruktur und das Heben von brachliegenden Potentialen.

"Angesichts der beschränkten öffentlichen Mittel ist es ein Gebot der Stunde, Wohnraum dort zu wahren und neu zu schaffen, wo von Straßen über die öffentliche Verkehrsanbindung bis hin zu Nahversorgung, Kinderbetreuungsplätzen und Schulen alle wichtigen Infrastrukturqualitäten ohnedies verfügbar sind", betont Klaus Wolfinger. Als Beispiel nennt er breite Straßenzüge in guter Lage rund um den Wiener Gürtel, die nur in Bauklasse II oder III (also mit EG plus 3 bis 5 Obergeschoße) bebaut sind und noch ein bis zwei Geschoße vertragen würden. "Freilich braucht es dazu auch eine Nutzungsdurchmischung und ergänzende Qualitäten, die mit zu bedenken sind. Angemessen wäre durchaus, dass die Inanspruchnahme einer höheren Bauklasse an qualitative Bedingungen geknüpft wird - z.B. energetische Optimierung, Schaffung von hochwertigen Freiflächen und Verbesserungen, die über das Grundstück hinaus wirksam werden", so Wolfinger.

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Archivmeldung: 10.01.2013

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