© Neudorfler

Das perfekte Büro

Neudoerfler-Geschäftsführer Helmut Sattler im immonet.at-Interview über moderne Lösungen, neue Arbeitshaltung, Leistungssteigerung durch Büro-Ausstattung, Akustik, biorhytmisches Licht und die Zukunft des Büros.

Was muss ein gutes Büro können - heute und in Zukunft? Dazu stand Helmut Sattler, Geschäftsführer vom burgenländischen Bürolösungs-Anbieter Neudoerfler im immonet.at-Interview Rede und Antwort.

Neudorfler-Geschäftsführer Helmut Sattler im immonet. at-Interview. © Melzer/immonet.at

Worauf kommt es bei Büros eigentlich wirklich an?

Helmut Sattler: Wir haben heute Tische und Stühle – wie auch vor 50 Jahren. Aber heute wissen wir viel mehr über die Bedürfnisse der Mitarbeiter und den potentiellen Einfluss der Bürogestaltung. Der Fokus liegt auf den fünf Bereichen Ergonomie, Farbe, Licht, Raumgestaltung und Akustik. Wir möchten natürlich unseren Kunden auch ansprechendes Design bieten. Und wir von Neudoerfler stehen besonders für hohe Funktionalität. Wir schwören etwa auf Steh-Sitz-Arbeitsplätze, die jedoch über entsprechende Stühle und Elektronik verfügen müssen. Es hat keinen Sinn einen Tisch höhenverstellbar zu machen, wenn man dann für die Positionsänderung drei Kurbeln braucht. Funktionen machen nur Sinn, wenn sie wirklich angewendet werden – und das macht der Nutzer nur, wenn es einfach geht.

Steh-Sitz-Arbeitsplätze – Welche Vorteile sehen Sie darin?

Sattler: Dazu gibt es bereits viele Studien: Im Büro verbringt man rund 45.000 Stunden sitzend, und 9.500 stehend oder gehend. Kreuzschmerzen sind die Folge des Bewegungsmangels, eine Volkskrankheit. Nur sitzen ist grundsätzlich schlecht. Wenn man 60 Prozent stehend und 40 Prozent sitzend arbeitet, verbessern sich die Kreuzschmerzen bei bis zu 63 Prozent der Mitarbeiter. Dazu braucht es aber auch das Engagement des Unternehmens und Chefs.

Sitzen in unterschiedlichsten Positionen: der HAG Capisco. © Neudoerfler

Stehend auch am Computer? Ist das für alle Branchen vorstellbar?

Sattler: Das ist absolut branchenunabhängig. Das geht selbst in der Buchhaltung. Ich schreibe jeden Tag stehend am Computer. Als Pendler sitze ich jeden Morgen eine Stunde im Auto, da möchte ich im Büro nicht gleich wieder sitzen. Es ist auch erwiesen – etwa durch Studien des Fraunhofer-Institutes - dass durch die ideale Bürogestaltung eine Leistungssteigerung von bis zu 36 Prozent möglich ist.

Wie ist die Leistungssteigerung begründet?

Sattler: Dem Mitarbeiter macht es mehr Spaß. Er fühlt sich wohl, der Kreislauf ist angeregt und er hat keine Kreuzschmerzen mehr. Letztendlich geht es ums Wohlfühlen. Untersuchungen sprechen vom Engagement-Index: Wie stark sind Menschen im Büro engagiert? Das ist in China natürlich anders als in Österreich. Eines steht aber in jedem Land fest: Engagement kann durch zwei Dinge verbessert werden: durch den Chef und sein Verhältnis zu den Mitarbeitern – und als zweites durch die Ausstattung am Arbeitsplatz.

Sie haben es erwähnt: Die Chefs müssen mitspielen. Passiert das auch?

Sattler: Es ist eine Frage der Unternehmenskultur. Im Bereich Flächeneffizienz passiert viel, da spart sich das Unternehmen einiges. Seit 30 Jahren sind die Untersuchungen betreffend Kosten im Büro nahezu gleich: ein, zwei Prozent Büromöbel-Ausstattung, 15 Prozent Flächenkosten und 80 Prozent Personalkosten. Wenn man aber gleichzeitig beachtet, dass man mit guten Lösungen bei Ausstattung, Akustik oder Raumaufteilung eine Performance-Steigerung erzielen kann, ergibt sich die Chance mit den zwei Prozent die 80 Prozent Personalkosten extrem zu optimieren. Das ist Vielen nicht bewusst. Das liegt auch daran, dass Büromöbel ein Investitionsgut sind und in wirtschaftlich schwächeren Zeiten Investitionen zurückgestellt werden. Letztlich spart die richtige Büroausstattung aber Geld – etwa durch weniger Krankenstände und höhere Produktivität. Etliche Architekten rechnen das auch ein.

Es bleibt ein viel diskutiertes Thema: Wie groß muss der Platz für einen Mitarbeiter sein?

Sattler: Der Trend, dass der Quadratmeter-Anteil pro Mitarbeiter geringer wird, bleibt bestehen. Aber: Gleichzeitig werden die Sozial- und Kommunikationsräume vergrößert. In Summe ist das eine Flächenverringerung, aber eine Qualitätssteigerung. Für den optimalen Arbeitsplatz gibt es sicherlich Grenzen. Es hängt aber immer davon ab, wie das Büro gestaltet ist. Und dafür gibt es keine allgemein gültigen Lösungen, sondern da müssen etwa die Arbeitsabläufe eines Unternehmens individuell eingeplant werden.

Das Großraumbüro ist nicht jedermanns Sache.

Sattler: Unser Konzept Open Space (Bild) ist nur ein Beispiel von vielen Möglichkeiten: Doppel-Arbeitsplätze, akustisch abgetrennte Vierfach-Arbeitsplätze, Desksharing-Arbeitsplätze, Kommunikationsbereiche,… Großraumbüros werden heute in Funktionsbereiche geteilt, so wie man inzwischen auch wohnt.

Open Space - Das moderne Großraumbüro: Aufteilung nach Funktionen. © Neudoerfler

Wie sieht denn das perfekte Büro jetzt aus? In einer Neudoerfler-Broschüre steht: „Ein Ort der Kreativität, der Leistung und des Wohlfühlens.“

Sattler: Das stimmt. Ich kann aber keine Pauschalantwort geben: Ich muss wissen, welche Abläufe es in einem Unternehmen gibt, welche Ansprüche unterschiedliche Abteilungen haben. Da geht es nicht ausschließlich um Farben, sondern etwa um akustische Notwendigkeiten. Das perfekte Büro ist das Eingehen auf Abläufe und sinnvolle Wünsche. Natürlich sind auch Funktionalität und Design wichtig. Die Qualität wird auch immer besser, wenn man die Mitarbeiter mitentscheiden lässt.

Ein wesentliches Thema ist die Akustik im Büro.

Sattler: Im Wesentlichen kann man mit vielen Maßnahmen Verbesserungen schaffen. Am Wichtigsten sind aber dabei die Decke und die geraden Flächen. Schwierig wird’s etwa bei Open Space: Da gibt’s dann die akustische Trennwand zwischen Arbeitsplätzen, akustische Fronten für Schränke-, und abgehängte Akustik-Paneele. Schallabsorbierende und -schluckende Elemente, Spezialkonstruktionen aus verschiedenen Werkstoffen und mit bestimmten Perforierungen.

Recht neu ist der Einsatz von biorhytmischem Licht. Was steckt da dahinter?

Sattler: Manches Licht macht müde, manches regt an. Biorhytmisches Licht bildet mit Hilfe von Software und LED-Hardware das volle Farbspektrum wie bei der Sonne nach. Da fühlt man sich besser, ist aufmerksamer, kann sich besser konzentrieren – alles durch Studien belegt. Wir sind erst kürzlich eine Kooperation mit der, auf ganzheitliche LED-Beleuchtungskonzepte spezialisierte Firma Kiteo eingegangen und setzen das nun gezielt ein.

Was gilt es eigentlich bei Sesseln zu beachten?

Sattler: Wichtig ist es den Sessel unbedingt zu probieren und keinesfalls ungetestet im Internet zu bestellen. Das ist wie bei einer Matratze. Hier ist eine Beratung notwendig. Kein Mensch ist gleich. Wir haben ausschließlich Top-Stühle, auch günstigere. Etwa den HAG Capisco, auf dem man auf unterschiedlichste Weise sitzen kann – und immer bequem. Dessen Erfinder sagt: „Der beste Sitzplatz ist der nächste.“ Weil sitzen eben eigentlich ungesund ist.

Das Büro der Zukunft? Gibt’s das in ein paar Jahrzehnten noch?

Sattler: Es gilt schon jetzt: My office is where I am. Aber es braucht auch das Büro. Der Mensch ist sozial und braucht den Austausch. Im Austausch entstehen auch die Ideen. Bei Siemens meint man, dass sieben von zehn Ideen aus der Kommunikation heraus geboren werden. Die Technik wird in Zukunft noch extremer, wir werden noch schneller, und das Büro wird noch mehr Qualität haben. Worüber wir heute gesprochen haben, das gibt es ja auch erst bei ganz wenigen. Das muss erst alles erreicht werden: bessere Akustik, mehr Ergonomie, und insgesamt mehr Qualität.

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