Budapester Baustopps
Ungarn steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten: Mehrere Budapester Bauprojekte wurden inzwischen auch gestoppt oder zumindest für einige Zeit einmal auf Eis gelegt
Ungarn steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seit Jahrzehnten: Mehrere Budapester Bauprojekte wurden inzwischen auch gestoppt oder auf Eis gelegt. Zuallererst fiel – bevor die Krise in voller Wucht Ungarn überhaupt noch erreicht hatte – der noch vor zwei Jahren großspurig angekündigte Neubau eines Regierungsviertels beim Budapester Westbahnhof dem Sparstift zum Opfer. Inzwischen ist auch das Projekt von ORCO am Szervita Platz von Zaha Hadid offensichtlich sanft entschlummert oder wartet einmal bessere Zeiten ab – die Homepage des Investors hüllt sich seit Monaten zum Projekt in Schweigen.
Der jahrelang angekündigte Bau einer Schnellbahnverbindung zwischen dem Budapester Westbahnhof und dem Flughafen Ferihegy wurde ebenfalls abgeblasen. FEREX sei „irreal“, erklärte der Vorsitzende des Stadtentwicklungsausschusses von Budapest, Attila Ughy. Auch der jüngst publizierte Verkehrsentwicklungsplan der Stadt erwähnt das Projekt, das ursprünglich schon 2008 „auf Schiene“ hätte sein sollen, nicht mehr unter den kurzfristig zu realisierenden Verkehrsmaßnahmen.
Keine Hochhäuser, keine Schnellbahnen, keine Visionen
Die Rehabilitierung des Schandflecks von Buda, der Verkehrsknoten am Moszkva tér wurde – trotz der in Aussicht stehenden EU-Fördergelder – gestoppt: Das Luxushotel, das in den nächsten Monaten am Platz durch den Umbau der alten Hauptpost von Buda errichtet werden soll, wird damit wohl keine adäquate urbane Umgebung erhalten.
Eines der größten Projekte der Stadt, die Errichtung eines Hochhauskomplexes an der Nordspitze der Insel Csepel, ist mit dem Konkurs des spanischen Investors Fadesa gekippt. Fadesa hatte vor drei Jahren ein 82 Hektar großes Areal in unmittelbarer Nähe der neuen Budapester Kläranlage erworben, um südlich des Milleniumquartiers in der Franzenstadt einen neuen Stadtteil zu errichten. In der Zwischenzeit ist aber nichts geschehen – nicht einmal ein konkreter Raumordnungsplan für das Megaprojekt wurde erstellt.
Kein neues Rathaus?
Der Bau des neuen Budapester Rathauses in der City scheint mit dem Konkurs des Planungsbüros von Erick van Egeraat obsolet geworden zu sein. Gleichzeitig mit der Zuerkennung des ersten Preises für die Neugestaltung des Budapester Rathauses, war ja bekannt geworden, dass das Büro nicht einmal mehr die Gehälter für die eigenen Architekten und die Büromieten bezahlen kann. Die Oberbaumeisterin von Budapest, Éva Beleznay, erklärte zudem, dass man bei der Planerstellung des in einer PPP-Konstruktion zu errichtenden Komplexes noch nicht mit der Weltwirtschaftskrise gerechnet habe, weshalb eine neue Machbarkeitsstudie erstellt werden müsse – unter anderen sei an einen höheren Anteil von Geschäfts- und privaten Büroeinrichtungen in dem Bau gedacht.
Allein das erste wirkliche Budapester Wolkenkratzer-Projekt, der ursprünglich 110 Meter hoch geplante und schließlich mit 72 Meter Höhe genehmigte Turm der Raiffeisen-Bank neben der Budapester Polizeizentrale an der Váci út scheint nicht an der Wirtschaftskrise zu scheitern, sondern vorerst „nur“ an der Budapester Baubürokratie. Der ursprünglich für Anfang 2009 angesetzte Baubeginn wurde inzwischen verschoben, weil sich der Developer und die Bezirksverwaltung nicht über die mit dem Megaprojekt einhergehenden zusätzlichen Investitionen einigen konnten. Bezirk und Stadt forderten die Errichtung eines weiteren U-Bahnzugangs, eines P+R-Parkplatzes und einer Parkanlage, die Raiffeisen aber nicht bereit war, zu finanzieren. Den Investor dürfte über die weitere Verzögerung vorerst aber nicht besonders stören, wartete er doch mehr als acht Jahre auf die Erteilung der Baugenehmigung: Auch angesichts der Krise scheint er einige weitere Jahre Bauverzögerung durchaus in Kauf nehmen zu wollen.
Quelle: Index