EU-Gebäuderichtlinie
Die Einführung des kostenoptimalen Niveau im Rahmen der Richtlinie ist umstritten. Experten bemängeln die Objektivität der Berechnungsmethode und die fehlende Erfahrung in der Umsetzung.
Durch die EU-Gebäuderichtlinie hat sich die Immobilienwelt gewandelt. Strengere Auflagen hinsichtlich Heizwärmebedarfs und die Einführung des Energieausweises sollen Energieeinsparung und -effizienz forcieren und mit der Einführung einheitlicher Berechnungsmodelle will die EU-Kommission nicht nur Verwaltungs- und Regelungsverfahren vereinfachen, sondern auch das Bewusstsein für ökologisches Bauen schärfen. Im Großen und Ganzen sind sich Experten aus der Branche einig, dass die Richtlinie Sinn macht. Tatsächlich gibt es viele Argumente, welche die Notwendigkeit der EU-Gebäuderichtlinie untermauern. Strittig ist jedoch das Thema „kostenoptimales Niveau“.
Transparenz & Co.
Andreas Oberhuber, Geschäftsführer der FGW Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen, kennt viele Gründe, warum die Gebäuderichtlinie sinnvoll ist. So fördere sie die Transparenz hinsichtlich energierelevanter Gebäudeeigenschaften und lege Mindestanforderungen an die Gesamtenergieeffizienz fest. Außerdem bietet laut Oberhuber die Richtlinie Anreize für thermisch-energetische Sanierungsmaßnahmen. Damit werde, so der Experte, einerseits die Energieversorgungssicherheit gewährleistet, andererseits auch ein wertvoller Beitrag zur Erreichung der Klimaschutzziele geleistet. Auch die Förderung von technologischen Entwicklungen und der Aufbau neuer Märkte sprechen für die Gebäuderichtlinie, meint Oberhuber.
Diskussion um Kostenfaktor
Allerdings bringt die Richtlinie nicht ausschließlich positive Effekte. So können höhere Mindestanforderungen auch höhere Investitionen bei der Errichtung oder Sanierung von Gebäuden bedeuten. Nun soll die Einführung des „kostenoptimalen Niveau“ als Berechnungsgröße einer Kostenexplosion entgegen wirken, indem die gesamten Lebenszykluskosten berechnet werden. Herbert Ludl, Vorstandsvorsitzender der Sozialbau AG, erklärt: „Das Kriterium der „Kostenoptimalität“ bei Festlegung der Standards besagt, dass nicht jenes Niveau vorgeschrieben werden soll, das die höchste Energieeffizienz aufweist, sondern jenes, das unter Berücksichtigung aller Kosten den optimalen Level ergibt.“
Ob das kostenoptimale Niveau tatsächlich sinnvoll ist, daran scheiden sich die Geister. Während es aus der Wirtschaftskammer heißt, die Kostenoptimalität sei hinsichtlich Objektivität „umstritten“, sieht der FGW-Geschäftsführer Oberhuber in der Berücksichtigung der Lebenszykluskosten von Gebäuden und der Einführung des Kriteriums der Kosteneffizienz „eigentlich keine Nachteile“.
Etwas skeptisch zeigt sich Sozialbau AG –Vorstand Ludl zur Vorgehensweise in Österreich und zur Problematik der Kostenoptimalität: „Energetische Mindeststandards für neu errichtete und sanierte Gebäude festzulegen, macht schon Sinn. Ob allerdings Österreich stets unter den ersten Ländern sein muss, die an die konkrete Umsetzung herangehen, wage ich zu bezweifeln. Vernünftiger wäre wohl sich etwas mehr Zeit zu gönnen und die Kriterien der Kostenoptimalität gründlicher vorzubereiten. Die Einbeziehung bereits praktischer Erfahrungen anderer Länder wäre auch kein Fehler“.
„Es gibt immer Verbesserungspotenzial“
Susanne Geissler, Geschäftsführerin der ÖGNB – Österreichische Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen, betont die Bedeutung der Gebäuderichtlinie: „Energieeffizienz im Gebäudesektor ist eine Notwendigkeit. Die Transformation des Gebäudesektors in Richtung mehr Energieeffizienz und Nachhaltigkeit ist ein langfristiger Prozess, der eine entsprechende Strategie und Unterstützung benötigt.“ Von den Erfahrungen anderer Länder jedoch, hätte man bereits profitiert: „Es gibt immer Verbesserungspotenzial. Aber die Richtlinie 2010 enthält bereits Verbesserungen im Vergleich zur Richtlinie 2002. Man hat aus den praktischen Erfahrungen in ganz Europa gelernt“, sagt Geissler.