Sparpaket: Doch keine Ausnahmen bei Immobesteuerung
Jetzt werden offenbar doch beinahe alle Vermieter zur Kasse gebeten. Mit neuer Interpretation streicht das Finanzministerium Ausnahmen beim Umsatzsteuergesetz. Michael Müller von Ruster kommentiert den aktuellen Sachverhalt.
Das Sparpaket 2012 hat uns die Immobilien-Ertragssteuer beschert, durch welche es nun zur Besteuerung von vormals steuerfreien Veräußerungen von Immobilien kommt. Die Änderungen des Umsatzsteuergesetzes haben uns vorerst nicht sehr beunruhigt. Wie sich jedoch in den letzen Wochen herauskristallisierte, birgt die neue Regelung für Vermietungen von Geschäftsräumlichkeiten an unecht steuerbefreite Mieter durchaus unangenehme Details aufgrund der diesbezüglichen Auslegungen des Finanzministeriums. Verkäufe von Zinshäusern ab dem 1.9.2012 sind bereits betroffen.
Was hat sich nun im Detail geändert: Die Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten und die Bewirtschaftung von Wohnungseigentum, welches nicht zu Wohnzwecken dient, waren schon bis dato unecht steuerbefreit. Um trotzdem in den Genuss der Vorsteuerabzugsberechtigung zu gelangen, hatte man jedoch bisher in beiden Fällen uneingeschränkt die Möglichkeit eine Option zur Steuerpflicht zu nutzen. Hierdurch musste man zwar 20 Prozent Umsatzsteuer für die Leistungen verrechnen, konnte dafür jedoch die mit den Leistungen in Zusammenhang stehenden Vorsteuern geltend machen. Die Ausübung der Option zur Steuerpflicht hatte für selbst Vorsteuer-abzugsberechtige Mieter keine Konsequenz. Nur unecht steuerbefreite Mieter, wie Banken, Versicherungen, Ärzte usw. hatten einen Nachteil davon.
Nun wurde eben diese Optionsmöglichkeit im Falle der Vermietung von Geschäftsräumlichkeiten an Mieter, die nicht „nahezu ausschließlich“ (so steht das tatsächlich im Gesetzestext) Umsätze tätigen, für welche sie auch vorsteuerabzugsberechtigt sind, gestrichen. Unter „nahezu ausschließlich“ dürfen wir laut Finanzministerium „zumindest zu 95 Prozent“ verstehen (was denn sonst!?). Diese Regelung, so steht es wörtlich im Stabilitätsgesetz, ist jedoch nur: „auf Miet- und Pachtverhältnisse anzuwenden, die nach dem 31. August 2012 beginnen, sofern mit der Errichtung des Gebäudes durch den Unternehmer nicht bereits vor dem 1. September 2012 begonnen wurde. Als Beginn der Errichtung ist der Zeitpunkt zu verstehen, in dem bei vorliegender Baubewilligung mit der Bauausführung tatsächlich begonnen wird, also tatsächliche handwerkliche Baumaßnahmen erfolgen.“
Ministerium mit neuer Auslegung
Ein normal denkender Mensch würde nun sagen – gut – das trifft doch nur auf Gebäude zu, deren Baubeginn nach dem 1.9.2012 stattfindet und wenn der Mietvertrag nach dem 31.8.2012 abgeschlossen wird. Der klassische Zinshausbesitzer im Altbaubereich wäre somit gar nicht betroffen. Eine Anfrage an das Finanzministerium (BMF) hat jedoch anderes ergeben: Nach Ansicht des BMF gilt die Ausnahme für vor dem 1.9.2012 errichtete Gebäude aufgrund der Beifügung „…Errichtung des Gebäudes durch den Unternehmer….“, nur für vor dem 1.9.2012 vom Vermieter selbst errichtete Gebäude. Für alle Hausbesitzer, die das Gebäude nicht selbst errichtet haben, sondern wie die meisten Vermieter gekauft haben, gilt die Ausnahme nicht.
Weiters interpretiert das BMF einen Verkauf eines vermieteten Gebäudes als Neubegründung der Mietverhältnisse, obwohl es eine mietrechtliche Verpflichtung zur Übernahme der Mietverträge gibt. „Auch wenn der Erwerber eines Gebäudes zivilrechtlich verpflichtet ist, in bestehende Mietverträge einzutreten, führt ein nach dem 31.8.2012 stattfindender Vermieterwechsel umsatzsteuerlich zu einer Änderung des Miet- bzw. Pachtverhältnisses, sodass der neue Vermieter (Unternehmer) für seine Vermietungsumsätze nur dann zur Steuerpflicht optieren kann, wenn der Mieter nahezu ausschließlich zum VSt-Abzug berechtigt ist.“ lautet die diesbezügliche Feststellung des BMF.
Fazit: Keine Ausnahme beim Zinshaus
Dies bedeutet, dass die neue Regelung auch auf alle Vermieter Anwendung findet, die ihr Zinshaus nicht selbst errichtet haben und nach dem 31.8.2012 Geschäftsräume vermieten oder ein Gebäude mit vermieteten Geschäftsräumen kaufen. Bei jedweder Vermietung oder Übertragung der Liegenschaft nach dem 31.8.2012 hat der Vermieter oder neue Eigentümer nun zu prüfen, ob der oder die Mieter von Geschäftsräumen zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt sind, andernfalls er seinen Vorsteuerabzug verliert; Darüber hinaus auch die allenfalls im Zuge des Verkaufes an ihn in Rechnung gestellte Umsatzsteuer vom Kaufpreis oder die für noch nicht voll abgeschriebene Investitionen in Anspruch genommene Vorsteuer.
Wie werden wir nun feststellen, ob ein Mieter einer Geschäftsräumlichkeit möglicherweise weniger als 95% seiner Umsätze im Bereich der Vorsteuerabzugsberechtigung tätigt. Auch hierfür hat sich der Gesetzgeber etwas Einfaches (für ihn) einfallen lassen: „Der Unternehmer hat diese Voraussetzung nachzuweisen.“ Hiermit sind jedoch leider wir und nicht der Mieter gemeint. Wer nun den Schaden aus dem Verlust der Vorsteuerabzugsberechtigung zu bezahlen hat wurde leider vergessen zu regeln. Dies kann ja Finanz auch egal sein.